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72 MATTHIAS WERNER
im Falle Sophies zusammen mit ihrer ebenso häufigen Selbstbezeichnung als ehemalige Herzogin von Brabant305 den persönlich-dynastischen fürstlichen Rang zum Ausdruck bringen sollte, den Sophie durch Abstammung und Heirat erworben hatte306. Allenfalls in politisch sensiblen Situationen wie bei dem Treffen 1252 mit Markgraf Heinrich konnte dieser Titel offenbar auch als Anspruchstitel wahrgenommen werden und wurde deshalb von Sophie vermieden307. In gleichem Sinne ist auch der Titel lantgravius Thuringiae ein- zuschätzen, den Sophies Sohn Heinrich bis Ende 1264 überwiegend führte308. Er kann
„um ihre Zugehörigkeit zu dem alten landgräflichen Hause zu bekunden, und sie haben dies umso mehr gethan, als sie, fürstlichen Geblüts, sich nicht mit einem schlichten ‚Herr (oder Herrin) von Hessen‘ be- gnügen wollten“; in die gleiche Richtung zuletzt etwa moraw, 1292 (wie Anm. 301), S. 45; heinemeyer, Erhebung (wie Anm. 70), S. 107 f.
305 Zu diesem von ihr „am allerhäufigsten“ geführten Titel vgl. VoGt (wie Anm. 147), S. 330.
306 Kennzeichnend für die Außenwahrnehmung dieses Ranges ist etwa die Titulierung Sophies in einer Ur- kunde des Grafen von Königsberg (bei Hohensolms): illustri principi domine nostre Sophie filie beate Elizabeth, lantgravie Thuringie, domine Hassie, quondam ducisse Brabantie, wenck, Landesgeschichte, Bd. 3 (wie Anm. 179), S. 127 f., Nr. 142; Grotefend/rosenfeld, S. 19, Nr. 55. Auch Heinrich das Kind wurde – bereits früh – als princeps Hassie tituliert, vgl. Anm. 179. Entsprechend waren die gezielte Unterlassung dieser von der politischen Stellung der Familie hergeleiteten Titel in Konfliktsituationen wie 1252 und 1261 durch den Mainzer Erzbischof gegenüber Sophie, vgl. Anm. 150/151, und Bezeichnungen ihres Soh- nes Heinrich als puer de Hassia 1254, vgl. Anm. 207, oder natus eius qui se nominat lantgravium Thuringorum
1261, vgl. S. 79 f. mit Anm. 350, Äußerungen bewusster Rangminderungen und Herabsetzung.
307 Auf den auffälligen Befund, dass die einzige wirkliche Lücke in die Zeit zwischen dem 17.4.1250 und dem 17.7.1254 fällt, vgl. Anm. 174, als Sophie in einer im Mai 1250 in Brabant ausgestellten Urkunde, in einer zwischen 17.4.1250 und 4.9.1252 anzusetzenden Urkunde sowie in einer bei ihrem zweiten Treffen mit Heinrich dem Erlauchten auf der Wartburg ausgestellten Urkunde vom 9.4.1252 den thüringischen Land- grafentitel wegließ, Grotefend/rosenfeld, S. 29, Nr. 10; S. 13, Nr. 38 (dazu Nachtrag S. 297), Nr. 39, hat die Forschung seit langem aufmerksam gemacht und ihn in dem Konflikt um das ludowingische Erbe als einen vorübergehenden Verzicht Sophies auf diesen Anspruchstitel nach der Eisenacher Vereinbarung von 1250 gewertet, so zuletzt etwa teBruck, Pacem confirmare (wie Anm. 7), S. 295 f.; auch an ein „Stillehalten“ 1252 seitens Sophies nach der Anerkennung Wilhelms von Holland durch Heinrich den Erlauchten wäre bei einer solchen Sichtweise zu denken. Die Wiederaufnahme des Titels ab Juli 1254 wird dann als Reaktion Sophies auf den Udestedter Vertrag gewertet, vgl. etwa lutz (wie Anm. 9), S. 255. VoGt (wie Anm. 147), S. 324 ff., der alle diese Möglichkeiten ins Spiel bringt, verweist aber gerade hier auf die geringe Zahl der Ur- kunden und betont: „Das Material ist zu klein, als daß es eine bestimmte Antwort zuließe“ (S. 326). Doch bleibt es gut denkbar, dass der Titel von Heinrich dem Erlauchten, der Sophie bei dem Wartburg-Treffen im September 1252 lediglich die – selbstverständlich auch auf ihre fürstliche Familie verweisende – Bezeich- nung consanguinea nostra dilecta zugestand, vgl. Anm. 150, als eine Spitze empfunden werden konnte und dass Sophie ihn deshalb unterließ. Aber insgesamt ist die Basis für derart weitreichende Vermutungen trotz des
auffälligen, kaum zufällig erscheinenden Befundes, überaus schmal.
308 Zeigt die erste erhaltene, selbst ausgestellte Urkunde Heinrichs vom 2.6.1262 mit der bloßen Titulatur als land-
gravius und mit der Siegelumschrift S[IGILLUM] SEC[RE]TU[M] HEN[RIC]I DE TORI[N]GIA F[RAT] RIS DUC[IS] B[RA]BA[N]TIE, Grotefend/rosenfeld, S. 24 f., Nr. 70 f., ilGen/VoGel, S. 343 Anm.*, noch eine gewisse Unsicherheit, wie Heinrich seinen fürstlichen Rang ohne eigenes Fürstentum dokumen- tieren sollte, so führte er den Titel lantgravius Thuringie durchweg in den vier gemeinsam mit seiner Mutter So- phie ausgestellten Urkunden der Langsdorfer Verträge vom 10./11.9.1263, dazu unten S. 87 mit Anm. 389, und in seiner zweiten erhaltenen selbstständigen Urkunde vom 30.10.1264. Nachdem er sich in der nächs- ten, gemeinsam mit Sophie ausgestellten Urkunde vom 31.12.1264 nur als landgravius, in der darauf folgenden gemeinsamen Landfriedensurkunde mit dem Bischof von Paderborn vom 16.3.1265 wiederum als lantgravi- us Thuringie, in einer zweiten Urkunde desselben Datums aber wieder lediglich als landgravius titulierte, Grote-