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NEUGESTALTUNG IN DER MITTE DES REICHES 73
ebenso wenig wie die Tatsache, dass in der Peterschronik Heinrich als Gegner Land- graf Albrechts in der Auseinandersetzung um die terra Thuringorum genannt wird309, da- für sprechen, dass Heinrich, wie von einem Teil der Forschung vermutet wird, zunächst begrenztere thüringische Ansprüche Sophies mit dem Beginn seiner stärker eigenständi- gen Regierung seit 1260 auf die gesamte Landgrafschaft Thüringen ausdehnte310.
Wesentlich stärkeren Rückhalt in der Überlieferung findet die deutlich seltener in der Forschung vertretene Auffassung, dass „Gegenstand des Streites zwischen den beiden Dynastien [...] allein die thüringischen Allodien und Kirchenlehen“ (Karl Wenck) Sophies und ihres Sohnes Heinrich gewesen seien, wobei im Mittelpunkt das nobile illud castrum Wartberc gestanden habe, das Sophie 1250 Markgraf Heinrich bis zur Mündigkeit ihres Sohnes anvertraut hatte311. Die Eigentumsrechte an der Wartburg, die durch die zeitgenössischen Predigerannalen zum Jahre 1250 zweifelsfrei bezeugt sind, hatte Sophie, wie bereits oben erörtert, mit weitestgehender Sicherheit als Erb- anteil an den ludowingischen Allodialgütern in Thüringen erhalten312. Unter den thü- ringischen Besitzungen, die ihr aus dem ludowingischen Erbe zugesprochen worden waren, nahm die Wartburg mit ihrem hohen Symbolwert als Stätte ludowingischer Tra- dition und Repräsentation eine herausgehobene Stellung ein313. Welche weiteren Gü-
fend/rosenfeld, s. 31 f., nr. 83 Nr. 86; S. 35 f., Nr. 93, 95, führte er in sämtlichen nachfolgenden Urkunden nur noch den Titel landgravius, wie bei allen vorangehenden Urkunden stets verbunden mit dem Titel domi- nus Hassie, vgl. hierzu VoGt (wie Anm. 147), S. 331 f., der auf die Sonderstellung der einzigen danach ausge- stellten Urkunde mit dem thüringischen Landgrafentitel vom 10.9.1266 verweist. Das Auslaufen des thüringi- schen Landgrafentitels bei Heinrich dem Kind seit Ende 1264 ist so signifikant, dass mit VoGt, s. 331 f. und S. 328 f., hierfür wie für den nur wenig späteren Wegfall dieses Titels bei Sophie von Brabant seit dem Herbst 1265 eine Erklärung mit der endgültigen Friedensregelung Sophies und ihres Sohnes mit Heinrich dem Er- lauchten und seinen Söhnen vom Spätherbst 1264 am plausibelsten ist, dazu unten Anm. 453, S. 104 f., 113 f.
309 Dazu oben S. 60 f.
310 So etwa weGele (wie Anm. 9), S. 11 ff., 29, und ilGen/VoGel, S. 235 ff., die S. 336 mit Anm. ** aus der
Bezeichnung Heinrichs des Kindes in der Exkommunikationsurkunde Erzbischof Werners von Mainz von 1261 als natus eius [sc. Sophie], qui se nominat landgravium Thuringorum, dazu unten S. 79 f. mit Anm. 350, schließen, dass Sophie „im Fortgang des Streites ihre Prätensionen gesteigert und sogar in ihres Sohnes Namen auf die Landgrafschaft selbst ausgedehnt hat“. Sollte Heinrich den Titel zu diesem Zeit- punkt bereits geführt haben, was mit den erhaltenen Urkunden nicht bestätigt werden kann, vgl. Anm. 306, so diente auch dies eher der Betonung seines fürstlichen Ranges als der Formulierung von Herr- schaftsansprüchen auf Thüringen; entsprechend war der Vermerk in der Exkommunikationsurkunde ebenso wie die geringschätzige Titulierung Sophies in demselben Zusammenhang, vor allem eine Her- absetzung seines Ranges und weniger ein Hinweis auf tatsächliche Ansprüche.
311 so besonders nachdrücklich wenck (wie Anm. 25), S. 223 (Zitat), 702; ähnlich bereits weGele (wie Anm. 9), S. 11, sowie in der jüngeren Forschung lutz (wie Anm. 9), S. 256 (anders freilich S. 231, 246), demandt, Geschichte (wie Anm. 23), S. 185, und vor allem hussonG (wie Anm. 9), S. 27 f. mit Anm. 69. Ausführlich zu dieser Frage und zu den Allodien und Kirchenlehen Sophies und Heinrichs in Thü- ringen vgl. jetzt den Beitrag von Mathias kälBle im vorliegenden Band.
312 Oben S. 40 mit Anm. 170.
313 Es genügt hier, nur auf Siegfried von Ballhausen (wie Anm. 280), S. 698, zu verweisen, der mit der Er-
richtung des castrum Wartberg in excelso montis super civitatem Ysenachum den über 200-jährigen principatum dicte terre Thuringie der ludowingischen Landgrafen beginnen ließ, sowie auf die berühmte Episode in der Reinhardsbrunner Chronik (wie Anm. 244), S. 620, wonach, als Heinrich der Erlauchte bei dem Treffen von 1253 Sophie die Wartburg und Thüringen zurückgeben wollten, seine Berater ihm davon mit den


































































































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