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52 MATTHIAS WERNER
schwierigen Quellensituation ist es – trotz der nicht hoch genug zu würdigenden Unter- suchung von Theodor Ilgen und Rudolf Vogel von 1883 – für unsere Fragestellungen unverzichtbar, die verwickelten Vorgänge noch einmal in den wichtigsten Grundlinien zu skizzieren und die quellenkritischen Probleme zu thematisieren.
1. Stabilisierung in Hessen
Zur Herrschaftsausübung Sophies bis in die frühen 1260er Jahre liegen insbesonde- re für die terra Hassie als den Kernraum der Herrschaft Hessen so gut wie keinerlei di- rekte urkundliche Zeugnisse vor226. Umso wertvoller ist die vereinzelte Nachricht zum Jahre 1259, dass sich das Landgericht Maden in Sophies Hand befand und der Land- richter von ihr bestellt wurde: domine ducisse iudex provincialis in Maden227. Wenn Sophie nach dem vollen Rückerhalt der Hassia in der Jahresmitte 1256 beginnen konnte, die ihr zugesprochene einstmalige ludowingische Herrschaft Hessen in ihrem früheren Bestand wieder aufzubauen, so kam ihr hierbei zweifellos entscheidend zugute, dass sie mit ihren Herrschaftsgebieten an der Lahn bereits über eine sichere Ausgangsbasis verfügte. Hier war es ihr nach ihrem Herrschaftsantritt 1248 gelungen, ihre zunächst schmale Machtgrundlage mit dem Zentrum Marburg durch die Anerkennung ihrer Herrschaft durch die ludowingischen Städte, durch die Gewinnung einer Reihe ritter- licher Vasallen sowie durch eine effektive Verwaltung zu stabilisieren und zu einer ter- ra auszubauen228. Eine weitere Stärkung ihrer Position bedeutete es, dass der 1252 in das mainzische Lager gewechselte Graf Bertold I. von Ziegenhain bereits vor dem Juli 1254 wieder auf ihre Seite überging229. Dennoch hing es entscheidend von der Abwehr der Mainzer Ansprüche, insbesondere auf das Landgericht Maden mit der Grafschaft Hessen und die übrigen Kirchenlehen in der Hassia ab, ob die Herrschaft Sophies jene übergräfliche, quasi fürstliche Bedeutung erlangte, die der principatus Hessen unter So- phies Oheim Konrad und unter ihrem Bruder Hermann II. besaß, oder ob sie in der
226 Nach den oben S. 46 mit Anm. 199 genannten Verfügungen zugunsten der Klöster Hasungen und Ahnaberg sind lediglich Bestätigungen für das Marburger Deutschordenshaus und das Kloster Spies- kappel von 1258 und 1263 überliefert, die frühere Schenkungen in Felsberg bzw. den gesamten Klos- terbesitz in nostra iurisdictione betreffen, Grotefend/rosenfeld, s. 21, Nr. 59; S. 26, Nr. 74. Deutlichere Aufschlüsse verspricht die Analyse der nordhessischen Vasallen und Ministerialen Sophies, dazu künf- tig die Anm. 139 angekündigte Dissertation von Frauke stanGe-methfessel.
227 Vgl. oben S. 46 mit Anm. 202.
228 So sei nur verwiesen auf ihre 1254 bezeugte Stadtherrschaft in Marburg, Grünberg, Homberg (Ohm),
Alsfeld und Biedenkopf, vgl. Anm. 181, auf neu gewonnene Vasallen wie die Gebrüder von Hohenfels, vgl. Anm. 149, auf die offenbar flächendeckende Abgabenerhebung durch ihre Schultheißen und Bo- ten, wenck, Hessische Landesgeschichte, Bd. 3 (wie Anm. 179), Urkundenbuch S. 119, Nr. 129, Grote- fend/rosenfeld, S. 7, Nr. 17, und auf die Bezeichnung ihres Herrschaftsgebiets an der Lahn als terra, vgl. Anm. 149. Vgl. auch hierfür künftig die detaillierte Analyse bei stanGe-methfessel (wie Anm. 139).
229 Vgl. Grotefend/rosenfeld, S. 16 f., Nr. 49.


































































































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