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140 ULRICH RITZERFELD
des Reichsministerialen Philipp von Falkenstein, dem, bei aller methodischen Vorsicht, eine nicht dokumentierte Schlüsselrolle bei der Ausarbeitung der Verträge zugewiesen werden kann, ist im Rahmen eines Exkurses zu untersuchen. Aus seiner Teilnahme an den Verhandlungen ergeben sich Konsequenzen, da die Reichsperspektive auch in Zeiten schwacher Präsenz der Zentralgewalt mitgedacht werden muss. Die Langsdor- fer Verträge erscheinen in Verbindung mit dem im Interregnum häufig aufgegriffenen Friedensgedanken nunmehr im Kontext des Rheinischen Bundes und des Landfrie- dens des Mainzer Erzbischofs Werner von 1265.
Terminologie
In den Langsdorfer Urkunden werden die in der Zeit gebräuchlichen Formulierun- gen forma compositionis und compositio ordinata verwendet, die sich in ähnlicher Form auch im Weißenfelser Vertrag12 (compositio) oder dem Udestedter Vertrag13 (forma compositionis seu concordia) finden. Diese beiden Verträge müssen ebenfalls als Schlüsseldokumente für den Übergang ludowingischer Herrschaftsrechte an eine neue Dynastie gelten: Im Weißenfelser Vertrag von 1249 erkannten führende Grafen und Herren Thüringens Markgraf Heinrich den Erlauchten als neuen Landgrafen an, im Udestedter Vertrag von 1254 trafen Erzbischof Gerhard von Mainz und Markgraf Heinrich eine Eini- gung über verschiedene thüringische Herrschaften und Güter. Gleichzeitig sollten die mainzischen Lehnsansprüche auf Besitzungen in Hessen und angrenzenden Gebie- ten bis zur Volljährigkeit Heinrichs des Kindes ruhen. Unter compositio hat man dem- zufolge also eine Einung, eine gütliche Konfliktregelung oder einen Vergleich zu ver- stehen14.
Einzelne Bestandteile der Langsdorfer Urkunden dienten zunächst vor allem der Konflikteindämmung, für deren Erreichung beide Seiten zu Zugeständnissen bereit waren. Die Einziehung der Kirchenlehen verfolgte der Erzbischof aufgrund mangeln- der Besitztitel ohnehin nicht mehr, sein Ziel konnte somit in Langsdorf auch nicht die Unterwerfung in einem öffentlichen Akt sein. Die als Grund für die Schulden gefun- dene Sprachregelung lautet poena für die durch den vorangegangenen Krieg entstan-
12 Heranzuziehen als maßgebliche Edition des Weißenfelser Vertrages ist Holger kunde, Der Weißenfel- ser Vertrag als Dokument: Überlieferung, Beschreibung, Edition und Übersetzung, in: Der Weißenfel- ser Vertrag von 1249. Die Landgrafschaft Thüringen am Beginn des Spätmittelalters (Thüringen gestern und heute 8), Erfurt 2000, S. 95–115, hier S. 111 ff.
13 Grotefend/rosenfeld, S. 15 f., Nr. 46 = Böhmer/will, XXXV (Erzbischof Gerhard I.), S. 324, Nr. 89. (1254 Mai 16). Zu diesem Vertrag ilGen/VoGel, s. 315–322. Zuletzt mit weiterer Literatur Stepha- nie wolf, Erfurt im 13. Jahrhundert. Städtische Gesellschaft zwischen Mainzer Erzbischof, Adel und Reich (Städteforschung A67), Köln u. a. 2005, S. 128 Anm. 110.
14 Zur Begrifflichkeit Gerd althoff, Compositio. Wiederherstellung verletzter Ehre im frühen und hohen Mittelalter, in: Klaus schreiner, Gerd schwerhoff (Hrsg.), Verletzte Ehre. Ehrkonflikte in Gesellschaf- ten des Mittelalters und der Frühen Neuzeit (Norm und Struktur 5), Köln u. a. 1995, S. 63–76. Garnier, S. 235, findet den Begriff in entweder durch die Streitparteien oder durch Schiedsmänner ausgestellten Sühneurkunden.


































































































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