Page 159 - Langsdorfer Verträge Inhalt
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fen? Welche Bedeutung hatten die Verträge für die Durchsetzung von Herrschaftsan- sprüchen insbesondere in Bezug auf den Adel?
Ausgeklammert werden in diesem Beitrag die von beiden Parteien getroffenen Ver- einbarungen bezüglich der Teilung der Einkünfte aus der Vogtei Wetter und aus dem Burgwald, über die offensichtlich weitgehender Konsens erzielt werden konnte8. Im Gegensatz zu anderen Regelungen in den Langsdorfer Verträgen, über deren konkre- te Realisierung nur wenig bekannt ist, lassen sich in diesem Fall unmittelbare Kon- sequenzen im Nachgang erkennen. In der Vogtei Wetter wurde eine Samtherrschaft begründet, die bis 1464 Bestand hatte9. Der Burgwald wurde 1263 gleichfalls gemein- samer Besitz der Landgrafen von Hessen und des Erzbischofs von Mainz, die beiden Forstherren betrachteten den Burgwald lange Zeit als gemeinsamen Nutzungsbezirk10. Ausgeklammert bleiben auch die Vereinbarungen zur Burg Wildungen, die gleichfalls einen Konsens, genauer noch eine Zielvereinbarung der Vertragspartner erkennen las- sen. Denn anders als im Fall der Vogtei Wetter und des Burgwaldes war die Burg, wie eigens in der Urkunde festgehalten, dem Zugriff der Landgrafen bereits entglitten. Auch die mainzischen Ansprüche in Wildungen sollten in Folge sehr rasch an die Gra- fen von Waldeck verloren gehen11.
Nach einer Untersuchung der in den Urkunden selbst verwendeten Terminolo- gie sollen im Folgenden zunächst lehnrechtliche Aspekte behandelt werden. Über die genannten Bürgen und Experten lässt sich ein Bild über die Verhandlungsteilnehmer bzw. über den Klientelverband der landgräflichen Partei machen. Die besondere Rolle
Ausführlich behandelt diesen Vertragspunkt der Beitrag von Steffen krieB im vorliegenden Band.
Vgl. Hessischer Städteatlas, Lieferung I,8: Wetter, bearb. von Ursula Braasch-schwersmann, Holger Th. Gräf, Annegret wenz-hauBfleisch, Marburg 2006, Textheft, S. 6, 8. Aus der Münzstätte Wetter sind für den Zeitraum von 1263 bis um 1280 Gemeinschaftsmünzen (Brakteaten) Heinrichs I. und des Mainzer Erzbischofs Werner von Eppstein erhalten. Hierüber Artur schütz, Die hessischen Münzen des Hauses Brabant, Teil I: 1247–1308 (Beiträge zur Münzkunde in Hessen-Kassel 18), Kassel 1993, S. 64 ff.; Wolfgang doBras (Bearb.), Münzen der Mainzer Erzbischöfe aus der Zeit der Staufer. Katalog der Brakteaten im Münzkabinett des Stadtarchivs Mainz (Beiträge zur Geschichte der Stadt Mainz 34), Mainz 2005, S. 109 f.; und zuletzt Wolfgang eichelmann, Hessische Münzen und Medaillen. Gedanken und Betrachtungen zu Münzen und Medaillen des Hauses Brabant, Münster 2010, S. 17 f. Abbildun- gen der Brakteaten finden sich im Beitrag von Alexander krey im vorliegenden Band. Die beiden gro- ßen Stadtsiegel von Wetter zeigen die Herren der Kommune: Das ältere, das von 1280 bis 1348 belegt ist, zeigt unter romanischem Doppelbogen mit aufgesetzter Turmspitze thronend rechts den Landgra- fen mit Gerichtschwert und in die Siegelmitte gestelltem Löwenschild, links den Erzbischof mit Mitra, Stab und Buch. Hierzu ausführlich Wolfhard Vahl, Ein Geschäftssiegel der Stadt Wetter aus dem 14. Jahrhundert, in: Hess.Jb.LG 45 (1995), S. 255–268, hier S. 265 ff. Eine Abbildung des Siegels findet sich im Beitrag von Steffen krieB im vorliegenden Band.
10 Hierzu ausführlich und den Gang der Entwicklung verfolgend Hans-Peter lachmann, Untersuchungen zur Verfassungsgeschichte des Burgwaldes im Mittelalter (Schrr. 31), 1967, S. 76–79, 109–112, 119 f., 154–171, 206–209. Zur Gerichtsverfassung s. Ulrich weiss, Die Gerichtsverfassung in Oberhessen bis zum Ende des 16. Jahrhunderts (Schrr. 37), 1978, S. 289–294.
11 Zuletzt Stefan Grathoff, Mainzer Erzbischofsburgen. Erwerb und Funktion von Burgherrschaft am Beispiel der Mainzer Erzbischöfe im Hoch- und Spätmittelalter (Geschichtliche Landeskunde 58), Stutt- gart 2005, S. 94 mit weiterer Literatur in Anm. 74 f.
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