Page 157 - Langsdorfer Verträge Inhalt
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Forma compositionis: Die Langsdorfer Verträge als Lehns-, Schlichtungs- und Friedensabkommen. Mit einem Exkurs über die mutmaßliche Teilnahme Philipps I. von Falkenstein
Ulrich Ritzerfeld
In den vier überlieferten Langsdorfer Verträgen vom 10./11. September 1263 wur- den Vereinbarungen festgehalten, die einen Ausgleich zwischen zwei Konfliktpartei- en, Sophie von Brabant und ihrem Sohn Heinrich auf der einen und dem Mainzer Erzbischof Werner von Eppstein auf der anderen Seite, herbeiführen sollten. Ist die genannte Stückzahl im Vergleich zur urkundlichen Überlieferung ähnlicher Vorgänge dieser Zeit ungewöhnlich hoch und lässt die Komplexität der Verhandlungen erahnen, so lassen die Inhalte selbst schlaglichtartig ein Laboratorium verschiedener Verfahren zur Konfliktlösung, -austarierung und -prophylaxe in der Zeit des Interregnums er- kennen. Im folgenden Beitrag sollen die in Langsdorf gewählten Ansätze zur Streit- schlichtung im Kontext ähnlicher Vereinbarungen in diesem Konflikt untersucht wer- den, der Schwerpunkt somit auf der Verfahrensentwicklung und der Bedeutung der Verträge für die Gestaltung des Raumes liegen. Dabei erweist es sich als naheliegend, andere zentrale Dokumente des hessisch-thüringischen Erbfolgekrieges bzw. des hes- sisch-mainzischen Konfliktes, etwa die Verträge von Weißenfels (1248) und Udestedt (1254) oder den Mainzer Landfrieden (1265) vergleichend heranzuziehen1.
Zur Vergegenwärtigung seien vorab die wichtigsten Bestimmungen der vier Langsdorfer Urkunden schlagwortartig aufgeführt:
1. Sophie von Brabant und ihr Sohn Heinrich bekundeten die Belehnung durch den Mainzer Erzbischof Werner von Eppstein mit den Grafschaftsrechten oder dem Landgericht in Maden (comitiam sive lantgerichte Hassie)2 mit allen Zehnten, den Vogteien in Hasungen und Breitenau, den Patronatsrechten in Wildungen, Reitzenhagen, Fels- berg und Wenigen-Zennern. Im Falle Melsungen war man über den Status als Lehen im Unklaren. Hinzu kamen in Thüringen die Gerichte Bergeren und Aspe sowie Burg und Stadt Thamsbrück mit zugehörigen Gerichten. Für strittige Lehnsfälle wurde ei- gens eine Kommission aus 20 Experten unter dem Vorsitz der Sophie von Brabant
Zu diesem Themenkomplex haben Martin kaufhold und Claudia Garnier strukturgeschichtlich auf- gebaute Arbeiten vorgelegt, in denen die Lösungsansätze im thüringisch-hessischen Konflikt bzw. in den mainzisch-hessischen Auseinandersetzungen allerdings nur am Rande behandelt werden. Der Bei- trag von Steffen krieB in diesem Sammelband weist zwar inhaltliche Schnittmengen mit dem vorliegen- den auf, setzt jedoch andere Schwerpunkte, geht stärker auf die territorialpolitischen und dynastischen Implikationen ein und zieht in vergleichender Hinsicht einen anderen Rahmen. Die Entwicklung der historischen Räume in größerem Zusammenhang betrachtend Peter moraw, Hessen und das deutsche Königtum im späten Mittelalter, in: Hess.Jb.LG 26 (1976), S. 42–95, und Fred schwind, Thüringen und Hessen im Mittelalter. Gemeinsamkeiten – Divergenzen, in: Michael Gockel (Hrsg.), Aspekte thürin- gisch-hessischer Geschichte, Marburg 1992, S. 1–28.
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