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136 STEFFEN KRIEB
der Mainzer Lehen in Hessen durch die bei den Langsdorfer Verhandlungen einge- setzte Kommission zu verstehen. Letztlich konnte oder wollte die Kommission ihren Auftrag nicht erfüllen, sondern es kam in den folgenden Jahrzehnten zu weiteren Aus- einandersetzungen zwischen dem Erzstift und Hessen, die sich immer wieder an der Frage der Mainzer Lehnshoheit entzündeten52.
Zwar bedeutete der Langsdorfer Ausgleich keinen dauerhaften Frieden, doch leg- te er in einer noch immer stark von personalen Beziehungen geprägten politischen Kultur eine wichtige Grundlage für ein zumindest potentiell friedliches Nebeneinan- der und schließlich gar für Bündnis und Kooperation. Denn zwischen dem Mainzer Erzbischof Werner von Eppstein auf der einen sowie Sophie von Brabant und ihrem Sohn Heinrich auf der anderen Seite bestanden bis zu den Langsdorfer Verträgen von 1263 keinerlei personale Bindungen. Daher ging es zunächst darum, die territoriale Nachbarschaft durch eine Bindung zu ergänzen, die beide Seiten darauf verpflichte- te, einander zumindest nicht zu schaden. Da verwandtschaftliche oder freundschaftli- che Beziehungen ohnehin nicht bestanden, boten sich die Ordnungsvorstellungen des Lehnrechts gerade in diesem Fall als ein probates Mittel zur Beendigung der Feind- schaft an, weil sie ermöglichten, zugleich eine personale Beziehung zwischen den Kon- fliktparteien herzustellen und die eng miteinander verzahnten herrschaftlich territoria- len Interessen an wichtigen Punkten zu regeln.
Dennoch führt keine gerader Weg von Langsdorf zur Erhebung Landgraf Hein- richs von Hessen in den Reichsfürstenstand im Mai 1292, die ohne ein enges Bünd- nis mit Erzbischof Gerhard II. von Mainz nicht möglich gewesen wäre. Auf dem Weg dorthin lagen eine erneute Exkommunikation und die Verhängung der Reichsacht ge- gen Landgraf Heinrich, die Vermittlung eines Friedens durch König Rudolf, die Ein- setzung von Schiedsgerichten und ein komplettes renversement des alliances53. Mit- hin kam nahezu das gesamte Instrumentarium der Konfliktbeilegung und politischer Bündnisse zum Einsatz, da das Lehnsrecht allein für die Austarierung des Verhältnis- ses zwischen dem vornehmsten geistlichen Reichsfürsten und einem rangbewussten Territorialherrn eben doch nicht ausreichte.
52 Vgl. zur weiteren Entwicklung der Beziehungen Konrad weidemann, Landgraf Heinrich von Hessen und das Erzstift Mainz, in: ZHG 30 (1895), S. 399–470.; VoGt, Mainz (wie Anm. 34).
53 Zur Erhebung Landgraf Heinrichs von Hessen in den Reichsfürstenstand und zu der vorangegange- nen Entwicklung vgl. Gerd althoff, Die Erhebung Heinrichs des Kindes in den Reichsfürstenstand, in: Hess.Jb.LG 43 (1993), S. 1–17; Peter moraw, 1292 und die Folgen. Dynastie und Territorium im hessi- schen und deutschen Spätmittelalter, in: Bll.dt.LG 129 (1993), S. 41–62.


































































































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