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GEWOHNHEITEN DER KONFLIKTBEILEGUNG IM 13. JAHRHUNDERT 131
hen und belegte alle ihre Städte und Dörfer in Hessen und Thüringen mit dem Inter- dikt35. Die Exkommunikation hatte allerdings nicht lange Bestand, da Kardinallegat Hugo seinerseits im Herbst 1252 den Mainzer Erzbischof wegen der unberechtigten Erhebung einer Abgabe mit dem Bann belegte und dessen Exkommunikationssentenz gegen seine territorialen Konkurrenten aufhob36.
Im Frühjahr 1254 hielt sich Erzbischof Gerhard für mehrere Wochen in Thürin- gen auf, wo er Verhandlungen mit Heinrich dem Erlauchten anknüpfte, die in den so- genannten Udestedter Vergleich mündeten. In der forma compositionis seu concordie ver- pflichtete er sich gegen die Zahlung von 1000 Mark Silber, dem Wettiner das Amt des Mainzer Marschalls, die Gerichtsbezirke (comitiae) Siebleben und Schönstedt, die klei- nere comitia Mittelhausen sowie weitere Güter nach Lehnrecht (iure feodali) zu überge- ben. Außerdem soll der Landgraf alle Lehen (feoda) erhalten, die seinerzeit der Land- graf Heinrich Raspe nach Lehnrecht von der Mainzer Kirche gehalten habe. Gerhard von Dhaun verpflichtete sich außerdem dazu, solange in Sachen der Mainzer Lehen in Hessen nichts zu unternehmen, bis Heinrich – puer de Hassia – sein zwölftes Lebens- jahr erreicht haben würde, was nach Aussage seines Vormunds am Johannistag in zwei Jahren geschehe37. Zudem stand der Vertrag unter dem Vorbehalt der Zustimmung des Domkapitels, das offenbar seinen Konsens nicht erteilte, weshalb im vorläufigen Lehnsrevers Heinrichs des Erlauchten vom 12. August 1254 davon die Rede ist, dass er die Lehen solange inne haben solle, bis der Konflikt endgültig juris ordine vel amore beigelegt würde38.
Der Vergleich zwischen dem Mainzer Erzbischof Gerhard und Landgraf Hein- rich dem Erlauchten war zwar ohne Beteiligung der Herzogin Sophie und ihres Soh- nes Heinrich zustande gekommen, doch berücksichtigte er auch deren Interessen, ob- gleich diese genauso dilatorisch behandelt wurden wie die Frage der Mainzer Lehen in Thüringen. Noch vor Ablauf der Zweijahresfrist, innerhalb derer sich der Main-
35 Landgrafen-Regesten online Nr. 41 (Stand: 12.4.2013). Annales Erphordenses fratrum Praedicatorum a. 1247, in: Oswald holder-eG- Ger, Monumenta Erphesfurtensia (MGH SsrerG 42), Hannover, Leipzig 1899, ND Stuttgart 2003, S. 110: Hoc anno (Gerhardus) Maguntine sedis electus in dominica Exurge Erphordiam veniens ab huius civitatis clero honorifice susceptus est. Qui ibidem ieiunio vernali diaconatum, in sabbato Sitientes sacerdotium adeptus, statim pre- decessorum suorum sententiam in marchionem Misnensem et Brabantie ducissam pro feudis ex obitu H(enrici) regis episcopatui solutis et a iam dictis iniuriose detentis promulgatam confirmavit, omnes civitates ac villas ipsorum iuris- dictioni per Hassiam atque Thuringiam subiectas sub interdicto ponens. Es ist allerdings fraglich, ob ältere Bann- sprüche wirklich existiert haben oder der Annalist diese lediglich vermutete. Vgl. Paul-Joachim hei- niG, Die Mainzer Kirche am Ende des Hochmittelalters (1249–1305), in: Friedhelm JürGensmeier (Hrsg.), Handbuch der Mainzer Kirchengeschichte, Bd. 1,1: Christliche Antike und Mittelalter, Würz- burg 2000, S. 347–415, hier S. 350 f.
36 Landgrafen-Regesten online Nr. 47 (Stand: 12.4.2013). Vgl. ilGen/VoGel, S. 313.
37 Gudenus, Codex diplomaticus 1 (wie Anm. 7), S. 639–642, Nr. 269; Böhmer/will, XXXV (Erzbischof Gerhard I.), S. 324, Nr. 89; Landgrafen-Regesten online Nr. 54 (Stand: 12.4.2013). Vgl. ilGen/VoGel, S. 315–322.
38 Ebd., S. 318 f.