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128 STEFFEN KRIEB
Wie ungenau und lückenhaft das Wissen über die als Lehen ausgegebenen Besit- zungen auch auf Mainzer Seite war, zeigt das Beispiel Melsungen, dessen Lehensquali- tät 1263 ebenfalls anerkannt wurde, wenn auch mit dem einschränkenden Zusatz quod creditur esse feudum. Das burgum Melsungen gehört zu den zwischen 1183 und 1190 von Erzbischof Konrad von Wittelsbach gemachten territorialen Erwerbungen. Er hatte Melsungen für 350 Mark vom Ludowinger Pfalzgraf Hermann von Sachsen gekauft und es als eine der wenigen Neuerwerbungen seiner direkten Herrschaft reserviert24. Bereits 1193 eroberte und zerstörte Hermann den Ort, über den dann bis 1263 keine Nachrichten vorliegen. Man hat daraus geschlossen, dass Melsungen in der Zwischen- zeit als Lehen an die Ludowinger ausgegeben war, wogegen jedoch die Bemerkung im Verzeichnis der Erwerbungen Konrads I. spricht. Andererseits erscheint die Ausgabe als Lehen nicht unwahrscheinlich, da der Großteil der übrigen Erwerbungen Erzbi- schof Konrads offenbar unter der Bedingung gekauft wurde, dass sie anschließend als Lehen wieder ausgegeben würden25.
Von entscheidender Bedeutung für die Beilegung des Konflikts zwischen Erzbi- schof Werner von Mainz und Sophie von Brabant sowie ihrem Sohn Heinrich waren allerdings weniger die strittigen Lehen, deren Klärung auf unbestimmte Zeit verscho- ben wurde, sondern die Belehnung mit den Städten Frankenberg26 und Grünberg27. In der am 11. September 1263 ausgefertigten Urkunde taten die Aussteller allen ge- genwärtigen und zukünftigen Getreuen kund, dass sie gemäß dem am Tag zuvor ge- schlossenen Vergleich – iuxta formam compositionis – ihre Städte Grünberg und Franken- berg, die ihnen nach Erbrecht gehörten28, der Mainzer Kirche aus freien Stücken zu ewigem Besitz übertragen hätten. Anschließend habe ihnen der Erzbischof die beiden Städte wiederum als Lehen (in feudo) zurückgegeben unter der Bedingung, dass im Fal- le eines kinderlosen Todes Heinrichs seine Ehefrau Adelheid diese Güter zwar auf Le-
24 Karl Friedrich stumPf, Acta Moguntina Seculi XII – Urkunden zur Geschichte des Erzbisthums Mainz im 12. Jahrhundert, Innsbruck 1863, S. 117: burgum quoque Milsungen cum attinenciis suis a comite palatino de Turingia et uxore sua CCCL marcis emimus et ad usum nostrum conservavimus. Vgl. christ (wie Anm. 16), S. 337.
25 stimminG, Entstehung (wie Anm. 16) S. 43 f. Zur Gründung Melsungens und seiner strategischen Be- deutung in den mainzisch-hessischen Auseinandersetzungen vgl. Dieter wolf, Melsungen. Eine Klein- stadt im Spätmittelalter. Topographie, Verfassung, Wirtschafts- und Sozialstruktur, 3 Bde., Butzbach 2003, Bd. 1, S. 182–185.
26 Zur Gründung Frankenbergs vgl. Ulrich ritzerfeld, Der Ritter Tammo von Beltershausen, Kloster Berich und die Stadtgründung von Frankenberg an der Eder: Ein Beitrag zur Klostergeschichte und zur ludowingischen Ministerialität in Hessen Mitte des 13. Jahrhunderts, in: Enno Bünz, Stefan teBruck, Helmut G. walther (Hrsg.), Religiöse Bewegungen im Mittelalter. Festschrift für Matthias Werner (Ver- öff. der Historischen Kommission für Thüringen. Kleine Reihe 24/Schriftenreihe der Friedrich-Chris- tian-Lesser-Stiftung 19), Köln u. a. 2007, S. 173–211.
27 Zur Bedeutung Grünbergs vgl. Hans H. kaminsky, Zur Bedeutung Grünbergs in Politik, Wirtschaft und Kultur des Spätmittelalters. Bilanz und Perspektiven, in: Karin Bautz, Holger Th. Gräf (Hrsg.), Beiträge zur Geschichte Grünbergs in Spätmittelalter und Reformationszeit (Veröff. aus dem Museum im Spital Grünberg 1), Neustadt a. d. Aisch 2006, S. 21–45, insbes. S. 23–28.
28 Die Formulierung, dass Frankenberg und Grünberg ihnen hereditario iure zustünden, spricht meines Er- achtens gegen die Vermutung von kaminsky, Bedeutung (wie Anm. 27), dass es sich um eine Wieder- herstellung älterer Besitzverhältnisse gehandelt habe.


































































































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