Page 146 - Langsdorfer Verträge Inhalt
P. 146
126 STEFFEN KRIEB
mit der Vogtei belehnten, über die diese schließlich an die Ludowinger überging. Ähn- lich wie die Vogtei über Wetter war die Herrschaft über Fritzlar seit dem späten 12. Jahrhundert jedoch umstritten. 1232 hatte der in Hessen regierende Landgraf Konrad die Stadt Fritzlar sogar erobert und zerstört16.
Im Kontext dieser Auseinandersetzungen begegnet uns eine Form der Konfliktbei- legung, die auch in den Langsdorfer Verträgen einen wichtigen Platz einnimmt. Zu den Bestimmungen der compositio gehörte unter anderem die Belehnung Landgraf Konrads mit dem opidum Wolfhagen, für das dem Ludowinger auch die weibliche Erbfolge zu- gestanden wurde17. Bei Wolfhagen handelte es sich jedoch nicht um eine mainzische, sondern um eine ludowingische Stadtgründung, die erstmals im Jahr 1231 schriftlich erwähnt wurde18. Wolfhagen diente im Rahmen der Konfliktbeilegung offenbar als Genugtuungsleistung für die Zerstörung Fritzlars durch Landgraf Konrad. Nicht end- gültig zu klären ist, ob dies in Form der Auflassung von ludowingischem Eigengut und einer anschließenden Belehnung erfolgte oder ob Wolfhagen auf mainzischem Terri- torium gegründet worden war und die Umwandlung in ein Lehen als Teil des Kom- promisses anzusehen ist19. Es bleibt aber festzuhalten, dass die Herstellung einer zu- sätzlichen Lehensbeziehung als Teil der Konfliktlösung bei den Auseinandersetzungen
16 Vgl. Günter christ, Erzstift und Territorium Mainz, in: Friedhelm JürGensmeier (Hrsg.), Handbuch der Mainzer Kirchengeschichte, Bd. 2: Erzstift und Erzbistum Mainz. Territoriale und kirchliche Struktu- ren, Würzburg 1997, S. 319–323, hier S. 320 f.: Die Vogtei lag um 1100 in Händen der Grafen Werner, über die sie als mainzisches Lehen 1123 an die Ludowinger gelangte. Zwei Jahre später fiel die Fritzla- rer Vogtei zurück an Mainz. Dagegen Manfred stimminG, Die Entstehung des weltlichen Territoriums des Erzbistums Mainz (QForschHessG 3), Darmstadt 1915, S. 123, der den Langsdorfer Vergleich von 1263 als einen Rückerwerb der Vogtei über Fritzlar durch das Erzstift deutet.
17 Otto Posse (Hrsg.), Urkunden der Markgrafen von Meißen und Landgrafen von Thüringen, 1196–1234 (Codex Diplomaticus Saxoniae, 1. Hauptteil 3), Leipzig 1898, S. 335, Nr. 480: Item opidum Wolfhagen con- cessit dominus archiepiscopus in feudo domino Cunrado lantgravio memorato et concedet heredibus suis legitimis, filiabus etiam, filiis non existentibus, post mortem sibi iure hereditario successuris. Bei dem Dokument handelt sich um ein nicht datiertes, im Fritzlarer Franziskanerkonvent erstelltes Vidimus einer Urkunde, die von Erzbischof Siegfried III. von Mainz, Landgraf Konrad und Magister Konrad von Marburg besiegelt worden war. Das Stück wird in das Jahr 1232 gesetzt, da Papst Gregor IX. die compositio am 4. Februar 1233 geneh- migte. Vgl. ebd., S. 337 f., Nr. 483.
18 Wilhelm A. eckhardt, Die Ludowinger in Biedenkopf, in: Hess.Jb.LG 45 (1995), S. 17–30, hier S. 23 ff., wonach Wolfhagen nicht bereits 1226, sondern 1231 gegründet wurde. Vgl. die Ersterwähnung Wolf- hagens als landgräfliche Stadt in der Urkunde Landgraf Konrads vom 13. August 1231, in der er dem Kloster Hasungen u. a. einen Hof in der genannten Stadt schenkt. Posse, Urkunden (wie Anm. 17), Nr. 441, S. 307.
19 eckhardt, Ludowinger (wie Anm. 18), S. 24, plädiert für die Version der Gründung der Stadt auf main- zischem Territorium und schließt eine Auflassung aus, da in der compositio davon keine Rede sei. Es ist allerdings zu berücksichtigen, dass in dem Vidimus der Fritzlarer Franziskaner auch nichts von einer Gründung auf mainzischem Territorium steht. Zudem wurden bei der Abfassung der Urkunde die Ar- tikel über die Mainzer Rechte an Wolfhagen weggelassen, weil sie für überflüssig gehalten wurden. Vgl. Posse, Urkunden (wie Anm. 17), S. 335: Alios quoque articulos, qui ad comprabationem iuris, quod archiepiscopus idem super eodem opido sibi et ecclesie Magutine competere asserit, non conducunt, ipsum privilegium continebat, quos pre- sentibus apponere supervacaneum arbitramur.