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GEWOHNHEITEN DER KONFLIKTBEILEGUNG IM 13. JAHRHUNDERT 125
sprechende Urkunde ausstellen lassen14. Nach dem Tod Heinrich Raspes und dem in dessen Folge proklamierten Anspruch des Mainzer Erzbischofs auf den Heimfall der an die Ludowinger ausgegebenen Kirchenlehen in Hessen, versuchte sich Erzbi- schof Siegfried III. von Eppstein offenbar durch Kundschaften wie der der Äbtissin von Wetter einen Überblick über die Lehensverhältnisse zu verschaffen. Die Urkunde über die Vogteiverhältnisse von Stift und Stadt Wetter ist zudem ein Indiz dafür, dass die Mainzer Seite bis zu diesem Zeitpunkt über keine schriftlich niedergelegten Kennt- nisse der Mainzer Kirchenlehen in Hessen verfügte, sondern diese erst nach dem Tod Heinrich Raspes und dem möglichen Heimfall der Lehen ad hoc angefertigt wurden. Zwar gelang es Siegfrieds Amtsnachfolger Werner von Eppstein 1263 nicht, die ge- samte Vogtei wieder in seinen Besitz zu bekommen, doch erzielte er in den Verhand- lungen, die zur compositio von Langsdorf führten, einen Teilerfolg, der zumindest die Hälfte der bis dahin vollständig als Lehen ausgegebenen Vogtei unter die direkte Herr- schaft des Erzstifts brachte.
Weitere spezielle Regelungen in der forma compositionis betreffen den Umgang mit den Mainzer Lehen in Hessen und die Verpflichtung des Landgrafen zur Zahlung von 2000 Mark an den Mainzer Erzbischof. Beide Punkte werden in der Urkunde aller- dings nur ganz knapp erwähnt, in den drei weiteren Urkunden jedoch ausführlich ge- regelt. Insbesondere die Frage nach den Mainzer Lehen in Hessen wurde dabei ähnlich behandelt wie der Konflikt um den Besitz der Vogtei Wetter. Während dem Wettiner Heinrich dem Erlauchten im Udestedter Vergleich von 1254 pauschal all jene Lehen zugesprochen wurden, die Heinrich Raspe vor seinem Tod vom Erzstift inne hatte, er- scheinen die Bestimmungen des Langsdorfer Ausgleichs als Ergebnis intensiver Ver- handlungen über einzelne Lehen.
Dies ist vornehmlich an der von Herzogin Sophie und Landgraf Heinrich ausge- stellten Urkunde zu erkennen, die als Lehnsrevers einzuordnen ist15. Darin bekunden sie, von Erzbischof Werner von Mainz folgende Güter zu Lehen erhalten zu haben (in feodo recipimus ista bona): die comitia sive Lantgericht Hassie mit allen zugehörigen Zehn- ten und Vogteirechten, die Vogteien über die nordhessischen Klöster Hasungen und Breitenau, das Patronat über die Kirchen in Wildungen, Reitzenhagen, Felsberg und Wenigen-Zennern, sowie die Städte und Burgen Grünberg und Frankenberg mit Leu- ten, Gerichten, allen Rechten und Zubehör und schließlich auch den Ort Melsungen, der als Lehen betrachtet wird. Damit erhielten Sophie und Heinrich zwar einen Groß- teil der Mainzer Lehen, die auch schon Heinrich Raspe besessen hatte, doch fehlte die wichtige Vogtei über Fritzlar, dem bedeutendsten Stützpunkt der Mainzer Herrschaft in Hessen. Das ursprünglich in königlichem Besitz befindliche Fritzlar war in der Re- gierungszeit Heinrichs IV. durch zahlreiche Schenkungen an die Mainzer Erzbischö- fe gekommen, die zunächst die Grafen Werner und danach deren Erben, die Gisonen,
14 Helfrich Bernhard wenck, Hessische Landesgeschichte mit einem Urkundenbuch, Bd. 2, Frankfurt/M. 1797, S. 169 f., Nr. 139.
15 LU 2.


































































































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