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122 STEFFEN KRIEB
Die compositio enthält sowohl Bestimmungen, mit denen die Schäden des zurück- liegenden Krieges ausgeglichen werden sollten, als auch Vereinbarungen zur Vermei- dung bzw. Beilegung künftiger Konflikte. Dabei sind die Vereinbarungen über Lehens- und Besitzverhältnisse deutlich differenzierter und umfangreicher als die Festlegung friedenswahrender Maßnahmen. Als wichtige Ursachen gewaltsamer Auseinanderset- zungen werden vor allem der Wechsel von homines, seien es milites, cives oder villani, von einem zum anderen Herrn genannt. Deshalb versprechen sich der Erzbischof von Mainz und Sophie von Brabant samt ihrem Sohn Heinrich, künftig keine frem- den Leute mehr bei sich aufzunehmen, sondern dafür zu sorgen, dass diese bei ih- rem jeweiligen Herrn blieben. Die Urkunde hält außerdem fest, dass beide Seiten ei- nen allgemeinen Frieden in ihren Landen beschworen haben und sie gemeinsam gegen Friedensbrecher vorgehen wollen. Zur Sicherung dieser Verpflichtung wird eine Straf- zahlung von 2000 Mark vereinbart, sofern dem Geschädigten nicht innerhalb von drei Monaten Genugtuung geleistet werde. Insgesamt sind die Vorkehrungen zur Vermei- dung bzw. geregelten Beilegung künftiger Konflikte im Vergleich zu anderen Friedens- bzw. Bündnisverträgen des 13. Jahrhunderts nur rudimentär ausgebildet. Während es im Langsdorfer Frieden beim abstrakten Verweis auf den Rechtsweg bleibt, finden sich an anderer Stelle Vereinbarungen für institutionalisierte Schiedsgerichte, deren personelle Zusammensetzung, sachliche und räumliche Zuständigkeit sowie Bestim- mungen zur Absicherung der Schiedssprüche8.
In einer einleitenden Generalklausel wird den Helfern beider Konfliktparteien grundsätzlich die Rückkehr zu den Verhältnissen vor Beginn der Auseinandersetzun- gen zugesichert, d. h. sie sollen ihre Güter in gleicher Weise (in omni iure commodo et ho- nore personarum et rerum9) wie vor ihrem Eintritt in den Krieg besitzen. Sollte es dennoch zu besonderen Klagen kommen, will man jeden Einzelfall gerichtlich untersuchen und aburteilen. Während für die Helfer diese allgemeine Klausel als ausreichend betrachtet wurde, nehmen sich die Bestimmungen über Güter und Rechte der Protagonisten des Krieges weit differenzierter aus.
Den breitesten Raum nehmen dabei die Regelungen zu den Herrschafts- und Be- sitzverhältnissen in der Vogtei Wetter und dem Wald Burgholz (=Burgwald) ein10. Die Bestimmungen zeigen anschaulich, wie eng Besitz- und Herrschaftsrechte des Mainzer Erzstifts und der Ludowinger in Hessen miteinander verzahnt waren. Die Burg Mell- nau, die Erzbischof Siegfried III. um das Jahr 1250 zum besseren Schutz des Stiftes und der Stadt Wetter auf einem markanten Berggipfel errichtet hatte, sollte gemäß der
te. Vgl. Valentin Ferdinand von Gudenus, Codex diplomaticus exhibens anecdota ab anno DCCCLXX- XI, ad MCCC Moguntiaca, ius Germanicum et S.R.I. historiam illustrantia, 5 Bde., Göttingen 1743– 1768, hier Bd. 1, S. 640, Nr. 269.
Zur Herausbildung friedenswahrender Maßnahmen durch institutionalisierte Schiedsgremien vgl. Gar- nier, S. 128–132, 244–278. Größerer Aufwand wurde nur bei der Absicherung des Zahlungsverspre- chens getrieben, für das 30 Bürgen aufgeboten wurden. Vgl. LU 1.
LU 3.
10 Vgl. Hessischer Städteatlas, Lieferung I,8: Wetter, bearb. von Ursula Braasch-schwersmann, Holger
Th. Gräf, Annegret wenz-hauBfleisch, Marburg 2006.
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