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114 MATTHIAS WERNER
gischen Vorgänger in Hessen noch in seinen ersten Urkunden beilegte, bedurfte es in dieser neuen Situation für einen amicus des wettinischen Landgrafen und Schwager des welfischen Herzogs von Braunschweig nicht mehr.
Fasst man die Ergebnisse der vorangehenden, z. T. weit ausgreifenden Untersu- chungen in dieser Weise zusammen, so bestätigen und vertiefen sie in vieler Hinsicht die Befunde und Urteile der grundlegenden Arbeit von Ilgen und Vogel von 1883 sowie eines Teils der nachfolgenden Forschung. Zugleich aber bieten sie für einige Grundprobleme der Thematik und Grundfragen des vorliegenden Bandes eine breiter abgesicherte Basis und eine Reihe neuer Akzente.
Der in unserem Beitrag noch einmal näher behandelte Prozess der Jahre 1247 bis 1264/66 hatte letztlich kein anderes Ergebnis, als dass die 1243 konzipierte Erbre- gelung für die ludowingischen Fürstentümer, Allode und Kirchenlehen, von einigen deutlichen Modifizierungen wie dem Verzicht der hessischen Seite auf die Erbgüter in Thüringen und dem hessischen Zugewinn der thüringischen Randzone an der Wer- ra abgesehen, in ihren wesentlichen Grundzügen – wenn auch mit zeitlicher Verzöge- rung – schließlich doch realisiert wurde. Schwierigkeiten und Verwicklungen, wie sie sich durch das Eingreifen des Mainzer Erzbischofs, durch die Aktionen übergangener Erbberechtiger und durch die Einschaltung von Bündnispartnern, die eigene Interes- sen verfolgten, bei der Umsetzung dieser Regelungen ergaben, wurden in Thüringen dank der wesentlich günstigeren Ausgangsbedingungen bereits bis 1254 gelöst. Auf hessischer Seite währte dieser Prozess ein Jahrzehnt länger, weil es hier bei einer un- gleich schwierigeren Anfangsbasis um das existenzielle Problem der Mainzer Kirchen- lehen ging. Erschwerend trat hinzu, dass eben dieses Problem mit der Regentschaft Heinrichs des Erlauchten 1250, die der Abwehr der Mainzer Ansprüche dienen sollte, in einer nicht vorhersehbaren Eigendynamik zu dem zweiten großen Konfliktpunkt führte: der von Heinrich seit 1256 verweigerten Rückgabe von Sophies Erbgütern in Thüringen, die die Ursache eines langjährigen, zeitweise kriegerischen und erst Ende 1264 beigelegten Streits Sophies mit ihren wettinischen Vettern bildete.
Sucht man vor diesem Hintergrund das Geschehen zu gewichten und einzuordnen, so ist zunächst noch einmal festzuhalten, dass wesentliche Weichenstellungen bereits in der Zeit Heinrich Raspes erfolgt waren: Schon in den frühen 1230er Jahren war beab- sichtigt, das bisherige ludowingische Nebenland Hessen zu einer eigenständigen Herr- schaft mit einer Dynastie persönlichen fürstlichen Ranges zu erheben. Dieser Plan, der unter Heinrich Raspe wegen des Wechsels Landgraf Konrads 1234 in den geistlichen Stand und wegen des frühen, kinderlosen Todes Landgraf Herrmanns II. 1241 – der beiden von ihm bestellten Inhaber der Herrschaft Hessen – scheiterte, lag der Erbteilung von 1243 zugrunde und wurde mit der Anerkennung der Mainzer Kirchenlehen 1263 endgültig umgesetzt. Von einer Abtrennung Hessens von Thüringen durch die Vorgän- ge nach 1247 oder durch den hessisch-wettinischen Vergleich von 1264, wie gelegentlich in der Forschung behauptet, kann also schwerlich die Rede sein. Dies umso weniger, als selbst in der Zeit der Personalunion unter Landgraf Ludwig III. bis Landgraf Ludwig IV.