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112 MATTHIAS WERNER
Wertet man die mit Ausnahme der Braunschweigischen Reimchronik durchweg thü- ringischen Berichte der Zeit zwischen der Mitte des 13. bis zur Mitte des 14. Jahrhun- derts vergleichend aus, so spricht die größte Wahrscheinlichkeit dafür, dass es in der zweiten Jahreshälfte 1259 oder in den ersten Monaten des Jahres 1260 unter Führung Herzog Albrechts zu einem Kriegszug nach Thüringen kam. Diese militärische Akti- on, an der sich Sophies Sohn Heinrich beteiligte und zu der Sophie ein Heereskon- tingent stellte, war jedoch vor allem ein kürzerer, begrenzter Plünderungs- und Ver- wüstungszug in das westliche Thüringen. Er führte wahrscheinlich zur Zerstörung Creuzburgs, ermöglichte Herzog Albrecht die Einsetzung von Vögten im Nordwes- ten Thüringens einschließlich der ihm zugewandten Reichsstadt Mühlhausen und er- öffnete Sophie die Möglichkeit, von den Bürgern Eisenachs als Stadtherrin anerkannt zu werden und mit ihrer Hilfe Befestigungen zur Sicherung Eisenachs und vielleicht auch zur Wiedererlangung der Wartburg zu errichten. Allerdings konnte sie ohne den Rückhalt des Braunschweiger Herzogs diese Positionen nicht halten und musste wohl schon Anfang 1261 die Stadt Eisenach wieder den wettinischen Landesherren überlas- sen. Damit war das thüringische Unternehmen zunächst gescheitert.
Weit wichtiger und bedrohlicher war jedoch die noch immer ungeklärte Frage der Mainzer Kirchenlehen, die an die Grundlagen von Sophies Herrschaft in Hessen rühr- te. Seit dem Frühjahr 1261 – also gleichzeitig mit Sophies Scheitern in Eisenach – drängte Erzbischof Werner mit verschärftem Druck auf eine Lösung. Allerdings hatte sich zu diesem Zeitpunkt trotz der Niederlage in Thüringen die Position Sophies ge- genüber Mainz im Vergleich zu ihrer Situation im Jahre 1250 oder auch noch 1256 be- deutend verbessert. Es war ihr nach 1256 Zug um Zug gelungen, ihre Oberherrschaft in beiden Teilen der Herrschaft Hessen weiter auszubauen, hier wie dort das Netz ih- rer Vasallen, Ministerialen und Städte auszuweiten und zu verdichten, das Landgericht Maden fest an sich zu binden und den Zusammenhalt der beiden Landesteile durch ein Schutzbündnis mit Graf Gottfried V. als dem Inhaber der dazwischen liegenden Graf- schaft Ziegenhain weiter zu festigen. Diese gestärkte Machtposition einerseits und die wachsende, 1262/63 fast ausschließliche Interessenverlagerung Erzbischof Werners auf die Reichspolitik und an den Mittelrhein andererseits dürften mit dem Großteil der Forschung die wichtigsten Gründe dafür gewesen sein, dass sich der Erzbischof im Spätsommer 1263 nach offenbar nur kurzen kriegerischen Auseinandersetzungen zu einem Vergleich mit Sophie und Heinrich bereit erklärte.
Der am 10./11. September 1263 bei Langsdorf geschlossene und beurkundete Vergleich, dessen nähere Umstände fast völlig unbekannt sind, dessen Wortlaut aber in einzigartiger Vollständigkeit erhalten ist, brachte das Ende des über 16-jährigen Kon- flikts. Gegen umfangreiche Zugeständnisse und die Anerkennung seiner Lehnshoheit übertrug Erzbischof Werner die bis 1247 von den Ludowingern besessenen Lehen seiner Kirche, an der Spitze die comitia[m] sive lantgerichte Hassie, an Sophie und ihren Sohn Heinrich und legitimierte damit deren herrschaftliche Position im nördlichen Hessen. Damit waren die entscheidenden Grundlagen für die entstehende Landes- herrschaft Sophies und Heinrichs in dem Kernraum der Hassia gelegt. Diese schloss


































































































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