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NEUGESTALTUNG IN DER MITTE DES REICHES 111
sen für Sophie und Heinrich zurückgewinnen. Dass Sophie 1250 ihm das nobile illud castrum Wartberc befristet zur Verwaltung überließ, stellte sehr wahrscheinlich die Ge- genleistung für diese in ihrer bedrohten Situation kaum zu überschätzende Hilfe dar. Zusammen mit der Wartburg dürfte sie ihrem Vetter auch ihre übrigen ererbten Allo- de und Kirchenlehen in Thüringen wie Eisenach und Thamsbrück anvertraut haben.
Die nächste Phase der Entwicklung war durch die wachsende Bedrohung bedingt, die nach dem Ausgleich Heinrichs des Erlauchten mit dem Mainzer Erzbischof 1254 und nach seinem Rückzug aus der Vormundschaftsregierung für Sophies Sohn Hein- rich Mitte 1256 verstärkt von Mainzischer Seite zu befürchten war. In dieser erneu- ten kritischen Situation für die Herrschaft Hessen knüpfte Sophie, die bis 1256 ledig- lich über den kleineren südlichen Herrschaftteil mit Marburg verfügen konnte und bei dieser schmalen Machtbasis weiterhin eines starken fürstlichen Helfers bedurfte, im Spätsommer 1254 ein enges, durch die Verheiratung ihrer Tochter besiegeltes Bündnis mit dem welfischen Herzog Albrecht von Braunschweig an. Für Albrecht dürfte ne- ben dem hohen dynastischen Rang seiner brabantisch-ludowingischen Gemahlin und deren Mitgift vor allem die Perspektive weiteren Rückhalts für sein Ausgreifen in das nordwestliche Thüringen der leitende Beweggrund gewesen sein.
Traf es sich für Sophie glücklich, dass Erzbischof Gerhard I. von Mainz durch sei- ne einjährige Gefangensetzung 1256 durch ihren Verbündeten Herzog Albrecht und durch seine anschließende starke reichs- und territorialpolitische Inanspruchnahme an dem vorgesehenen Eingreifen in Hessen verhindert war, so unterstrich doch das Ende der Vormundschaftsregierung Heinrichs des Erlauchten Mitte 1256 die Notwendigkeit ihres Bündnisses mit dem Welfenherzog, auch wenn dieses eine neue Stoßrichtung er- hielt. Wohl gab Heinrich die Hassie terra an Sophie zurück, doch behielt er aller Wahr- scheinlichkeit nach die Wartburg und mit ihr auch sämtliche anderen Erbgüter in Thü- ringen ein, die ihm Sophie 1250 für die Zeit seiner Vormundschaft und gleichsam als Gegenleistung anvertraut hatte. Angesichts des Umfangs und des Ranges dieser Be- sitzungen zeichnete sich hier ein größerer Konflikt ab, für den Sophie gegenüber dem mächtigen wettinischen Land- und Markgrafen verstärkt auf die Hilfe Herzog Alb- rechts angewiesen war. Entgegen kam ihr, dass Albrecht seinerseits erhebliches Inte- resse an einem Eingreifen in Thüringen besaß, hoffte er doch, von seinen nach dem Tode Heinrich Raspes unter seine Herrschaft gebrachten, bis dahin ludowingischen Positionen in der Mark Duderstadt, dem oberen Leinegebiet und an der Werra aus seinen territorialen Einfluss auf das nordwestliche Thüringen ausdehnen zu können. Diese Perspektive machte den fehdefreudigen Herzog zur treibenden Kraft des ge- meinsamen Vorgehens gegen die Wettiner.
Anhand der urkundlichen Überlieferung lässt es sich deutlich verfolgen, dass So- phie ihre von Heinrich dem Erlauchten gesicherte und gefestigte Stellung in der Has- sia dank der anderweitigen Prioritäten des Mainzer Erzbischofs in den Jahren nach 1256 ausbauen und damit insgesamt ihre Herrschaft Hessen weiter stabilisieren konn- te. Hingegen wird ihr gleichzeitiger Konflikt mit dem Markgrafen und dessen Söhnen aufgrund der schwierigen historiographischen Quellenlage nur sehr unsicher fassbar.