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NEUGESTALTUNG IN DER MITTE DES REICHES 107
Vor allem aber richteten sich die Aktivitäten Landgraf Albrechts, der seine thüringi- sche Machtbasis durch den nunmehr legitimierten Erwerb der Erbgüter Sophies und Heinrichs einschließlich der Wartburg, Eisenachs und Thamsbrücks deutlich hatte fes- tigen können, auf den Herrschaftsaufbau in Thüringen und mehr und mehr auf die innerdynastischen Konflikte des wettinischen Hauses um die Beteiligung an der Regie- rung, die an die Stelle der Auseinandersetzungen mit den Nachfahren der Ludowinger um das ludowingische Erbe traten485. Mit Heinrich von Hessen, seinem nach Herzog Albrecht wichtigsten Gegner in diesen Auseinandersetzungen, näherte er sich, nach- dem er sich noch im Mai 1265 gegen ihn und Herzog Albrecht verbündet hatte, ein gu- tes Jahr später gleichfalls an. Bei einem erneuten Landfriedensbündnis mit Bischof Si- mon von Paderborn vom Juni 1266 wurde neben Herzog Albrecht von Braunschweig und dessen Brüdern sowie Graf Hermann I. von Henneberg auch der thüringische Landgraf von Heinrich von Hessen zu seinen propinqui, consanguinei et amici486 gezählt. Weiterhin führte Heinrich die Erzbischöfe von Mainz und Köln sowie den Abt von Fulda auf seiner Seite an. Auch dies macht deutlich, welch grundlegender Wandel nach den Verträgen von 1263/64 und unter der selbstständigen Regierung Heinrichs eingetreten war: Aus der ungesicherten, nicht einmal gräflichen Herrschaft Hessen in der Hand ihrer fürstlichen Erben der Jahre 1247 bis 1263/64 war ein Machtfaktor von erheblichem politischen Gewicht geworden, dessen Inhaber dank seiner territo- rialen Stellung und seines dynastisch-fürstlichen Ranges gemeinsam mit dem Herzog von Braunschweig und dem Landgrafen von Thüringen sowie den Erzbischöfen von Mainz und Köln, dem Bischof von Paderborn und dem Abt von Fulda zu den führen- den politischen Kräften in dieser Region inmitten der Mitte des Reiches zählte.
VII. Schlussbetrachtungen
Gegenstand des vorliegenden Beitrags war der fast zwanzigjährige Prozess, der im Fe- bruar 1247 mit dem Tod Heinrich Raspes, des letzten ludowingischen Landgrafen und letzten Inhabers des gesamten ludowingischen Herrschaftskomplexes zwischen Saa-
tert von Klaus scholz, Peter woJtecki (Ausgewählte Quellen zur deutschen Geschichte des Mittelalters 25), Darmstadt 1984, S. 244. Während die Datierung von Bähr (wie Anm. 208), S. 35, auf den Winter 1264/65 wohl auszuschließen ist, dürfte der für 1265 überlieferte Kreuzzug, der nach Peter von Dus- burg im Winter stattfand, am wahrscheinlichsten im Winter 1265/66 und hier wiederum nach dem Iti- nerar Landgraf Albrechts zwischen Dezember 1265 und Ende März 1266 stattgefunden haben, vgl. doBenecker, Regesta, Bd. 3, S. 526 f., Nr. 3356; S. 536 f., Nr. 3424.
485 Dazu neben leist (wie Anm. 66), S. 10 f., jüngst vor allem roGGe (wie Anm. 211), S. 69 ff. Insgesamt ist jedoch die Regierungstätigkeit Landgraf Albrechts, insbesondere in den 1260/70er Jahren, noch na- hezu unerforscht; erste, wichtige Ansätze hierzu bei kälBle, Wettiner (wie Anm. 39), S. 143–149.
486 weiland (wie Anm. 450), S. 614 f., Nr. 445; Grotefend/rosenfeld, s. 44 f., Nr. 117; doBenecker, Regesta, Bd. 3, S. 539, Nr. 3443; vgl. dazu Weidemann (wie Anm. 141), S. 408 f. mit Anm. 4, sowie sehr knapp Gerd althoff, Die Erhebung Heinrichs des Kindes in den Reichsfürstenstand, in: Hess.Jb.LG 43 (1993), S. 1–17, hier S. 8.