Page 123 - Langsdorfer Verträge Inhalt
P. 123
NEUGESTALTUNG IN DER MITTE DES REICHES 103
Dem gegenüber bildeten die thüringischen Orte Allendorf, Witzenhausen, Eschwe- ge und die übrigen bislang Herzog Albrecht unterstehenden municiones an der Werra mitsamt dem nicht all zu hohen Betrag von 600 Mark463, die Sophie und Heinrich er- hielten, kaum eine angemessene Gegenleistung464. Zwar machte die wettinische Seite mit diesem Zugeständnis deutlich, dass sie die Rechtmäßigkeit der Erbansprüche der Nachkommen Ludwigs in Thüringen anerkannte und dass diese weder in Frage ge- stellt noch übergangen werden konnten465. In die gleiche Richtung verwies, dass sich neben Sophie von Brabant auch Heinrich der Erlauchte an einer kleinen Zahlung an Sophies Schwester Gertrud von Altenberg beteiligte, mit der ihr Erbrecht zumindest symbolisch abgegolten werden sollte466. Dennoch erscheinen die an Sophie und Hein- rich als Ausgleich überlassenen Güter eher wie eine Abfindung, mit der sie sich als der schwächere und unterlegene Part begnügen mussten. Markgraf Heinrich und sei- ne Söhne hingegen dürften diese Besitzungen im äußersten Westen ihres Herrschafts- gebiets umso leichter „als das geeignetste Ausgleichsobjekt“ 467 aus der Landgrafschaft Thüringen herausgelöst haben, als sie dank der Gefangennahme Herzog Albrechts oh- nehin erst eben wieder über sie verfügen konnten.
Möglicherweise mochte es jedoch Sophie und ihrem Sohn die definitive Aufgabe ihrer thüringischen Erbansprüche erleichtert haben, dass sie mit Eschwege, Witzen- hausen, Allendorf und den übrigen befestigten Orten an der Werra Stützpunkte er- warben, die nicht wie die Wartburg und Eisenach stets gefährdete, faktisch entfrem-
lungen bei Hilmar schwarz, Die Wartburg im Itinerar der thüringischen Landgrafen des Mittelalters, in:
Wartburg-Jahrbuch 1992 (1993), S. 90–102, hier S. 93.
463 Zu den Relationen vgl. oben Anm. 391. Immerhin hatten Allendorf und Witzenhausen zu dieser Zeit
einen Verpfändungswert von 4000 Mark, vgl. ebd., wobei Allendorf durch seine Salzvorkommen wirt- schaftlich besonders wertvoll war, fehrenBach (wie Anm. 109), S. 27 f. Bemerkenswert erscheint, dass die Wettiner, die eben erst von Herzog Albrecht eine Lösegeldsumme von 8000 Mark zugesagt und viel- leicht schon zum Teil augehändigt erhalten hatten, nicht in der Lage oder nicht bereit waren, Sophie und Heinrich den Betrag von 600 Mark auszubezahlen, sondern ihnen hierfür die Stadt Weißensee verpfän- deten.
464 Anders wenck (wie Anm. 25), S. 226, der es als merkwürdig bezeichnete, dass Heinrich von Hessen als Verbündeter des besiegten Braunschweiger Herzogs „so günstige Bedingungen erhielt“.
465 Möglicherweise wirkte sich hier das politische und militärische Gewicht Herzog Albrechts trotz seiner Niederlage und seiner erheblichen territorialen und finanzellen Einbußen dennoch auf das Verhalten der Wettiner aus – zumal das Königsgericht in dieser Zeit für diesem Raum ausfiel – und spiegelte sich auch dies in der Angabe mediante duce Alberto wider.
466 Gudenus, Codex diplomaticus (wie Anm. 36), Bd. 2, S. 171 ff., Nr. 132; Grotefend/rosenfeld, S. 48 f., Nr. 128; Landgrafen-Regesten online Nr. 143 (Stand: 12.9.2011). In der Urkunde von 1268 wird von einer zeitlich bereits zurückliegen- den Übergabe von 200 Mark a serena matrona Sophia, ducissa quondam Brabancie sua sorore und 100 Mark ab illustri viro domino Henrico marchione Misnensi an Gertrud berichtet, die ihr zugewiesen worden waren (assig- natas). Die Gelder galten in Altenberg als Erbe Ludwigs IV. und wurden von Gertrud für dessen Me- moria verwandt. Mit ilGen/VoGel, S. 354, und lutz (wie Anm. 9), S. 260, ist davon auszugehen, dass diese Abfindung im Zusammenhang mit dem Ausgleich Ende 1264 vereinbart wurde. Zu der Memoria- Stiftung vgl. Jürgen Petersohn, Die Ludowinger. Selbstverständnis und Memoria eines hochmittelalter- lichen Reichsfürstengeschlechtes, in: Bll.dt.LG 129 (1993), S. 1–39, hier S. 38 mit Anm. 192.
467 wenck (wie Anm. 25), S. 226.