Page 121 - Langsdorfer Verträge Inhalt
P. 121

NEUGESTALTUNG IN DER MITTE DES REICHES 101
eben dieser Burgen an ihn) bestand, sehr wahrscheinlich eine große zeitliche Nähe und auch eine kausale Verknüpfung beider Vereinbarungen entsprachen. Dies würde bedeu- ten, dass der hessisch-wettinische Ausgleich bereits bei den Verhandlungen um die Frei- lassung Herzog Albrechts im September/Oktober 1264 ins Auge gefasst wurde454. Bei diesen Verhandlungen musste der Welfe zweifellos seinen thüringischen Ambitionen ab- sagen, womit er als Bündnispartner Sophies und Heinrichs bei deren Kampf um die Wie- dererlangung ihrer Erbgüter in Thüringen weitgehend ausschied455. Da dieser Kampf da- durch aussichtslos geworden war, lag es nahe, Sophie und Heinrich zum Verzicht und zu einem Ausgleich zu bewegen, der dann wohl am ehesten in unmittelbarem Zusammen- hang mit Herzog Albrechts Freilassung Ende Oktober/Anfang November 1264 abge- schlossen wurde456. Hierbei traf es sich günstig, dass die territorialen Zugeständnisse, zu denen sich Albrecht verpflichten musste, den Wettinern eine unverhoffte, aber überaus geeignete Verhandlungsmasse für die Abfindung ihrer hessischen Verwandten boten. Vor allem diese Zusammenhänge dürften sich hinter den Worten mediante duce Alberto verber- gen, mit denen man sich in Reinhardsbrunn noch nach Jahrzehnten an die Rolle Herzog Albrechts bei dem hessisch-wettinischen Friedensschluss erinnerte.
2. Inhaltliche Bestimmungen
Mit der Herausgabe der acht castella, bei denen es sich nach der Reinhardsbrunner Chronik durchweg um Besitzungen an der Werra handelte457, hatten Markgraf Hein-
454 Zu weit gehen allerdings die Vermutungen von lutz (wie Anm. 9), S. 259 f., die Bedingungen des „von Freunden der Parteien ausgehandelten Vertrag[s]“ seien schon vor der Freilassung Herzog Albrechts er- füllt gewesen, der Vertrag sei zwischen dem 30.10. und dem Jahresende gültig geworden, dazu Anm. 453, und die derart hergestellte und künftig bestehende Eintracht sei „durch eine Erbverbrüderung be- siegelt“ worden. Wie brüchig der Frieden zunächst noch war, zeigen die Anm. 452 zitierten Passagen aus der Bündnisurkunde Landgraf Albrechts mit Graf Gottfried V. von Ziegenhain vom 21.5.1265.
455 Vgl. jedoch Anm. 447.
456 Freilich bleibt zu fragen, ob die für Heinrich von Hessen und Herzog Albrecht für den 30.10. und
11.11.1264 belegten Aufenthalte in Nordeck bzw. im Hildesheimer Umfeld, vgl. Anm. 447, ausreichen-
den zeitlichen Spielraum hierfür zuließen.
457 Hatten die Zeitgenossen lediglich von VIII castellis berichtet, die Albrecht ausliefern musste, vgl. Anm.
427, so ist erstmals in der Reinhardsbrunner Chronik die Rede davon, dass es sich bei diesen municio- nes um Allendorf und Witzenhausen cum aliis prope Werram aquam adiacentibus gehandelt habe. Während ilGen/VoGel, S. 353 noch vorsichtig von den acht „angeblich sämmtlich im Werrathale gelegen[en]“ Städten sprachen, fügten Grotefend/rosenfeld, S. 32, Nr. 86, in Anschluss an die ältere Forschung wie weGele (wie Anm. 9), S. 38, die – mit Ausnahme Eschweges, vgl. Anm. 440 – erst in der hessi- schen Landeschronistik des späten 15. Jahrhunderts neben Allendorf und Witzenhausen genannten Orte und Burgen Sontra, Arnstein, Bischoffshausen, Altenstein und Fürstenstein, in ihr Regest ein, was dazu führte, dass diese in der nachfolgenden Forschung nahezu durchweg als Teil des welfisch-hessisch- wettinischen Vergleichs von 1264 angesehen wurden, zuletzt etwa bei fehrenBach (wie Anm. 109), S. 27. zillmann (wie Anm. 50), S. 278, sah hierin einen Beleg darfür, dass Herzog Albrecht „im Verlaufe des thüringischen Krieges [...] noch eine ganze Reihe von Werrastädten und -burgen an sich zu brin- gen“ vermochte. Die für das hessische Landesbewusstsein höchst aufschlussreichen spätmittelalterli-


































































































   119   120   121   122   123