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102 MATTHIAS WERNER
rich und seine Söhne458 den Braunschweiger Herzog gezwungen, seine wachsende und für Thüringen bedrohliche Machtposition an der Werra, die er seit 1247 Zug um Zug aufgebaut hatte, zu großen Teilen aufzugeben459. Eben hier knüpften die Friedensre- gelungen der Wettiner mit Sophie und Heinrich an. Sie stellten, soweit ihr Inhalt in der regestenartigen Wiedergabe durch die Reinhardsbrunner Tradition fassbar wird, einen Interessenausgleich dar, der das Machtübergewicht der siegreichen wettinischen Sei- te allerdings deutlich widerspiegelt. Wenn von dem Verzicht Landgraf Heinrichs auf seine gesamten Rechte in der terra Thuringia die Rede ist, so entsprach dies der ver- breiteten, in Reinhardsbrunn besonders lebendigen Vorstellung von der unrechtmäßi- gen Einbehaltung Thüringens durch Heinrich den Erlauchten gegenüber Sophie und Heinrich als den wahren Erben460. Faktisch kann sich die Nachricht nur darauf bezo- gen haben, dass Sophie und Heinrich ihre Ansprüche auf ihre thüringischen Anteile aus dem ludowingischen Erbe aufgaben, d. h. dass sie vor allem auf die Wartburg und Eisenach, aber auch auf die – ihnen 1263 in den Langsdorfer Verträgen bestätigten – Mainzer Lehen, insbesondere die Stadt und Gerichtsherrschaft Thamsbrück, verzich- teten. Heinrich der Erlauchte und seine Söhne erreichten durch dieses weitreichende Zugeständnis ihrer unterlegenen hessischen Verwandten, dass ihre bisherige Inbesitz- nahme der Wartburg, Eisenachs, Thamsbrücks und der anderen thüringischen Erbgü- ter Sophies eine Legitimierung erfuhr. Endgültig jetzt gliederten sie mit der Wartburg und Eisenach die wichtigsten ludowingischen Zentral- und Symbolorte ihrer landgräf- lichen Herrschaft ein, verfügten mit Thamsbrück461 und Aspe nunmehr rechtmäßig über die beiden anderen thüringischen Landgerichte neben Mittelhausen und Sieb- leben und konnten insgesamt ihren Bestand an Allodien und Kirchenlehen in Thü- ringen beträchtlich erweitern. Kaum zufällig begann der Aufstieg Eisenachs und der Wartburg zu den mit Abstand häufigsten Aufenthaltsorten Landgraf Albrechts erst 1265 bzw. 1268, d. h. nach dem Ausgleich mit Sophie und Heinrich462.
chen Nachrichten bedürfen m. W. fast durchweg noch näherer Untersuchung ihrer Historizität; zur erst
späten Nennung Eschweges siehe oben S. 97 f.
458 Für unsere Fragestellung kann es offen bleiben, ob, wie es die Reinhardsbrunner Chronik entsprechend
zu ihren vorangegangenen Berichten darstellt, Heinrich der Erlauchte mit seinen Söhnen der Verhand- lungs- und Vertragspartner Herzog Albrechts sowie Sophie und Heinrichs war, oder Landgraf Albrecht, dem seit der Landesteilung von 1263 die Landgrafschaft Thüringen und die Pfalzgrafschaft Sachen al- lein unterstanden.
459 Dies bedeutete, wie aufGeBauer (wie Anm. 50), S. 91 f., betont, das unwiderrufliche Scheitern der wel- fischen Ambitionen in dieser Region.
460 Dazu oben S. 66 f.
461 Bereits im Mai 1265 in seinem Sühnevertrag mit der Stadt Mühlhausen, dazu unten Anm. 482, sprach
Landgraf Albrecht von Thamsbrück als nostro placito provinciali, herquet (wie Anm. 482), S. 62 f., Nr.
169; doBenecker, Regesta, Bd. 3, S. 517, Nr. 3286.
462 Seit März 1265, vgl. S. 99 mit Anm. 449, bzw. seit Oktober 1268, doBenecker, Regesta, Bd. 4, S. 37, Nr.
235, stiegen Eisenach und die Wartburg, die zuvor zuletzt 1258 bzw. 1252 im wettinischen Itinerar be- gegnet waren, mit 47 bzw. 60 bezeugten Aufenthalten zu den mit Abstand am häufigsten aufgesuchten Aufenthaltsorten Landgraf Albrechts (1255/63–1307) auf und lösten Gotha (19 bekannte Aufenthalte) als seine bis dahin bevorzugte Residenz ab, vgl. wenck (wie Anm. 25), S. 227, sowie die Zusammenstel-


































































































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