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NEUGESTALTUNG IN DER MITTE DES REICHES 93 1. Die Niederlage bei Wettin
Im Oktober 1263 unternahm Herzog Albrecht mit einer Schar von etwa 600 Kriegern, an ihrer Spitze die Grafen Heinrich I. von Anhalt, Gunzelin von Schwerin und Johann von Everstein, offenbar von anhaltischem Gebiet aus einen Einfall in die östlichen Herrschaftsbereiche Landgraf Albrechts von Thüringen und vor allem in das Territo- rium Markgraf Dietrichs von Landsberg zwischen Saale und Mulde. Der Kriegs- und Plünderungszug endete bekanntlich mit der verheerenden Niederlage des Welfen am 27. Oktober bei Wettin (nordwestlich Halle) und mit seiner Gefangennahme durch die Söhne Heinrichs des Erlauchten 417. Erstmals die 1279/92 verfasste Braunschwei- gische Reimchronik stellte einen direkten Zusammenhang dieser spektakulären Ereig- nisse mit dem hessisch-wettinischen Konflikt her. Ihr Autor schildert, wie Herzog Al- brecht nach dem glanzvollen Turnier, das er im Sommer/Frühherbst 1263 nach seiner Rückkehr aus Dänemark in Lüneburg veranstaltet hatte418, einen Großteil der 500 Tur- nierteilnehmer mit sich auf die Heerfahrt nahm: Dies tat der tugendreiche Fürst aus Freund- schaft zu seinem Schwager, dem er seine Schwester gab, dem Landgrafen Heinrich von Hessen, daß er auf so kluge Weise die Heerfahrt zum Meißenland führte, er, dem Raub und Brandschatzung man- nigfaltig bekannt waren419. Der Verfasser lässt eine höfische Beschreibung der Schlacht zwischen Herzog Albrecht und den mit einem starken Heer heranrückenden Markgra- fen Albrecht und Dietrich folgen, bei der er den Löwenmut des Herzogs rühmt und einen Vergleich mit dem Kampf zwischen Alexander und Darius vornimmt. Freilich kann auch er nicht verschweigen, dass der Herzog sigelos blieb, dass er in eine über ein- jährige Gefangenschaft geriet und sich nur durch hohe Zahlungen (mit obergrozer kost) befreien konnte420. Mit dem Hinweis auf die vruntscaph des Herzogs gegenüber Hein- rich von Hessen gab der Reimchronist möglicherweise die am Braunschweiger Hof er-
biete NR 13), Magdeburg 1933, ND mit Ergänzungen und Nachträgen von Helmut Godehardt, Du-
derstadt 1997, S. 272, Nr. 446; doBenecker, Regesta, Bd. 3, S. 503, Nr. 3208.
417 Grotefend/rosenfeld, S. 30 f., Nr. 81; doBenecker, Regesta, Bd. 3, S. 489, Nr. 3114a; noch immer maßgebliche Darstellung des Ereignisverlaufs bei ilGen/VoGel, s. 184 f., 349–353. Zu der berühmten Schlacht bei Wettin, als deren Ort die regionale Tradition seit Beginn des 16. Jahrhunderts sehr wahr- scheinlich zutreffend die Flur des 4 km westlich Wettin gelegenen Dorfes Beesenstedt überliefert, vgl. jetzt Heiner lück, Der Kampf um das Erbe der Ludowinger. Zum 750. Jahrestag der Schlacht bei „vic- lin by deme wasser der elster“ (Beesenstedt) am 28. Oktober 1263, in: Heimat-Jahrbuch Saalekreis 19
(2013), S. 5–14, hier S. 9 f.
418 Braunschweigische Reimchronik (wie Anm. 208), S. 563, Vers 8427–8144. Eine genauere Einordnung in
dem Zeitraum zwischen dem ersten bezeugten Aufenthalt Herzog Albrechts nach seiner Rückkehr aus Dänemark am 6.7.1263 in Lübeck und der Niederlage am 27.10. bei Wettin scheint nicht möglich, vgl. Bähr (wie Anm. 208), S. 31 f.
419 Der Autor fasst den Wechsel des Geschehens in die Worte, dass dem Herzog nach dem herrlichen Tur- nier nachete im sin unheyl, ebd., Vers 8445–8447. Er führt dann die Namen der prominenten Teilnehmer und die Auswahl der angesehenen Kämpfer auf und fährt fort: diz thete dher vurste tugenden rich / durch si- nes svageres vruntscaph, / dhem her sine svester gaph, / von Hessen lantgreven Heynriche, / daz her sus kundichliche / dhe hervart vorte an Misnelant, / dhem allenthalben wart bekannt / rouph unte brant menichvalt., Vers 8458–8465.
420 Ebd., S. 563 f., Vers 8466–8531 (Zitate Vers 8511 und 8530).