Page 112 - Langsdorfer Verträge Inhalt
P. 112
92 MATTHIAS WERNER
Heinrich damit deutlich, dass 1263 zwar der grundsätzliche Konflikt mit dem Mainzer Erzbischof um die Kirchenlehen beigelegt worden war, dass aber die Frage ihrer lu- dowingischen Erbgüter in Thüringen nach dem Scheitern der militärischen Aktionen von 1259/60 weiter einer Lösung harrte.
VI. Der hessisch-welfische Ausgleich mit den Wettinern von 1264
An der Macht- und Bündnissituation hatte sich für Sophie und Heinrich durch die Langsdorfer Verträge nach außen hin nichts entscheidend geändert. Dass die Grund- lagen ihrer Herrschaft in der Hassia nunmehr vom Mainzer Erzbischof als ihrem bis- herigen Hauptgegner anerkannt und damit die Voraussetzungen für deren künftigen Ausbau weiter gefestigt waren, dürfte sich zunächst noch kaum auf ihre Stellung in- nerhalb des Machtgefüges des mitteldeutschen Raums ausgewirkt haben. Allenfalls hatten Sophie und Heinrich nach dem Ende der Feindseligkeiten und der Beilegung des Konflikts mit Erzbischof Werner den Rücken wieder freier für ihre Bemühungen um den Rückerwerb ihrer Erbgüter in Thüringen. Über rechtliche Möglichkeiten, de- ren Herausgabe zu erwirken, verfügten sie angesichts des fast völligen Ausfalls des Kö- nigtums – jedenfalls für den mitteldeutschen Raum – allerdings nicht. Wollten sie ihre Ansprüche gegenüber der Übermacht ihrer wettinischen Vettern in Thüringen, Mei- ßen und der Pfalzgrafschaft Sachsen durchsetzen, so waren sie auch künftig auf Rück- halt von außen angewiesen. Hierbei konnten sie wie bereits 1259/60 – trotz des Bünd- nisses von 1262 mit Graf Gottfried von Ziegenhain – Unterstützung zunächst allein von ihrem Schwiegersohn bzw. Schwager Herzog Albrecht von Braunschweig erwar- ten. Dies allerdings umso mehr, als sich ihre Anliegen weiterhin mit den Zielen Alb- rechts trafen. Dieser besaß nach dem welfischen Ausgriff in den Werraraum, den Lei- negau und das Eichsfeld seit 1247 und nach seinen Erfolgen bei dem Kriegszug von 1259/60 zweifellos ungebrochenes Interesse an einer Schwächung der Wettiner und an einer Ausdehnung und Stabilisierung seines Einflusses im nordwestlichen Thürin- gen416.
Erzbischof Werner auch in dieser heiklen Frage nachgab. Vgl. hierzu auch die Überlegungen bei ilGen/
VoGel, s. 319 Anm. *, sowie vor allem ausführlich kälBle im vorliegenden Band.
416 Vgl. dazu oben S. 75 mit Anm. 327. Nach dem Bericht der Erfurter Peterschronik, vgl. dazu oben S. 61 mit Anm. 271, war es Albrecht offenbar gelungen, nach 1259/60 einige Teile Thüringens, vor allem im Nordwesten, bis zu seiner Niederlage bei Wettin im Oktober 1263 unter den von ihm eingesetzten advo- cati besetzt zu halten, wie dies – offenbar mit Zustimmung von Teilen der Bürgerschaft – etwa für Mühl- hausen wahrscheinlich ist, vgl. Anm. 327, sowie unten Anm. 482. Auf die unsicheren, von kriegerischen Konflikten geprägten Verhältnisse in diesen Jahren im Eichsfeld als einer Überschneidungszone welfi- scher, wettinischer und Mainzer Interessen verweist der Bericht in einer Urkunde für das Zisterzienser- kloster Reifenstein vom 7.10.1264 über die Kirche von Beberstedt (südöstlich Heiligenstadt): Cum eccle- sia in Bevestede [...] habitatore careat et omnino desolata existat propter bellorum discrimina et pessimum statum terre, Aloys schmidt (Bearb.), Urkundenbuch des Eichsfeldes, Teil 1: Anfang saec. IX bis 1300. Mit Benut- zung der Sammlung von Julius JaeGer (Geschichtsquellen der Provinz Sachsen und angrenzender Ge-