Page 100 - Langsdorfer Verträge Inhalt
P. 100
80 MATTHIAS WERNER
er Sophie und Heinrich mit ihrer Titulierung als nobilis mulier, domina Sophia, nata be- ate Elizabeth, relicta quondam ducis Brabantie bzw. als natus eius, qui se nominat lantgravium Thuringorum, und mit der Kennzeichnung ihrer Herrschaft als singula quoque loca, in qui- bus de iure vel facto iurisdictionem exercent, jeden übergreifenden, landesherrlichen Herr- schaftsanspruch ab und reduzierte ihren Status auf den adeliger Grundherren350. Eine Situation wie in den frühen 1250er Jahren, als der Papst aus übergeordneten reichs- und kirchenpolitischen Interessen erzbischöfliche Exkommunikationen Sophies und Markgraf Heinrichs aufhob351, war 1261 nicht mehr gegeben. Eher umgekehrt muss- ten Sophie und ihr Sohn Heinrich befürchten, dass Erzbischof Werner sich nicht mit dem Einsatz geistlicher Waffen begnügen, sondern nach dieser öffentlichen Nichtan- erkennung ihrer Herrschaftsrechte auch den politischen Druck auf sie erhöhen und kriegerisch gegen sie vorgehen würde.
1. Die Vorgeschichte
Wie begrenzt die militärischen Möglichkeiten Sophies und Heinrichs waren und wie sehr sie des Rückhalts bei stärkeren Verbündeten bedurften, hatten kurz zuvor der Feldzug nach Thüringen und der gescheiterte Rückerwerb ihrer thüringischen Erb- güter, insbesondere der Wartburg und der Stadt Eisenach, gezeigt352. Zwar vertieften Sophie und Heinrich angesichts des zunehmenden erzbischöflichen Drucks seit 1261 – wohl nach dem Tod von Albrechts Gemahlin Elisabeth, der Tochter Sophies, im Jahre 1261 – ihr Bündnis mit ihrem mächtigsten Helfer, Herzog Albrecht von Braun-
zeption des Vierten Lateranum (1215) und des Zweiten Lugdunense (1274) in den Statuten der Erzbi- schöfe von Köln und Mainz bis zum Jahr 1310 (Quellen und Abhandlungen zur mittelrheinischen Kir- chengeschichte 114), Mainz 2004, S. 93 ff.
350 Vgl. zu diesem, bereits früheren Vorgehen der Mainzer Kanzlei oben S. 37 f. mit Anm. 150, sowie auch Anm. 306. Wie bereits VoGt (wie Anm. 147), S. 331, betonte, titulierte sich Heinrich in seiner ersten er- haltenen Urkunde vom 2.6.1262 lediglich als lantgravius (vgl. Anm. 308), und er dürfte auch im Frühjahr 1261, als er noch weitgehend unselbstständig an der Regierung beteiligt war, den thüringischen Land- grafentitel schwerlich geführt haben. Erstmals legte er sich ihn – und zwar in sämtlichen vier Urkunden und gewiß nicht ohne Bezug auf die Exkommunikationsbulle vom 4.5.1261 – im September 1263 bei den Langsdorfer Verträgen bei, vgl. dazu oben Anm. 308, und unten S. 87 mit Anm. 388. Dass Heinrich im Frühjahr 1261 von seinen Lehnsleuten der Rang eines Landgrafen von Thüringen beigelegt wurde, zeigt seine entsprechende Titulatur in der Auftragungsurkunde des Ernst von Rodheim vom 22.3.1261 an Sophie und ihren Sohn als den domino nostro Henrico Thuringie landgravio (als dominus Hassie wurde er hier im Unterschied zu seiner Mutter, der illustris domina nostra Sophia, nata sancte Elisabeth, landgravia Thuringie, domina Hassie, quondam ducissa Brabantie (noch?) nicht tituliert), Joannes Nicolaus hertius, Commentatio- num atque opusculorum de selectis et rarioribus ex iurisprudentia universali, publica, feudali et Romana necnon historia Germanica argumentis, hrsg. von Johann Jakob homBerGk, Bd. 1, Teil 2, Frankfurt/M. 1737, S. 402 f., § 2; Grotefend/rosenfeld, S. 23, Nr. 66; doBenecker, Regesta, Bd. 3, S. 453, Nr. 2884. Umso deutlicher wird die Stoßrichtung in der Exkommunikationsbulle erkennbar!
351 Dazu oben S. 20 mit Anm. 59.
352 Wenn man mit anderen Nachrichten des erst späteren Berichts der Reinhardsbrunner Chronik auch das
hier überlieferte Datum, den 25.1.1261, für glaubwürdig hält, vgl. Anm. 343.