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stattet werden. Sind Kranke mit den Sakramenten zu versehen, bedarf es dazu einer eigenen Erlaubnis der Regierung. Aber auch dann ist es verboten, das „sogenannte Venerabile“ öffentlich zu den Kranken zu bringen. Ebenso ist es verboten, Rosen- kränze sichtbar auf der Straße zu tragen. Verboten ist es ferner, heimlich oder öf- fentlich Schule zu halten. Prozessionen sind sowohl innerhalb als auch außerhalb des Oratoriums untersagt. Der Geistliche hat sich außerdem stets einer „politischen Kleidung“ zu bedienen. Erlauben es schließlich seine Umstände nicht, länger in Bay- reuth zu bleiben, so hat er von seinem Wunsche die Stelle zu verlassen, den Mark- grafen rechtzeitig zu benachrichtigen und dessen Entschließung abzuwarten. Über- haupt soll dieser, was seine „Rezeption oder Aufnahme, seine Beibehaltung und Dimission“ betrifft, allein vom Markgrafen als seinem Landesherrn abhängig sein. Jedoch gedenkt dieser nicht, sich in die „geistlichen functiones quoad principia reli- gionis romano-catholicae“ einzumischen.
III. Die in Bayreuth lebenden Katholiken sind allen Zivil-, Polizei- und Krimi- nal-Landesgesetzen und Verordnungen unterworfen. Sie dürfen sich keine Exempti- on oder eine andere „unstatthafte Beziehung auf irgendeine andere Subjektion oder Dependenz“ anmaßen. Die von der Landesregierung angeordneten Fast-, Buß- und Bettage haben sie ebenfalls einzuhalten.
IV. Das so beschriebene Recht auf das Exerzitium ihrer Religion dürfen sie aber keineswegs, weder direkt noch indirekt auf irgendeine Weise auszudehnen suchen. Vielmehr haben sie sogar den Schein einer solchen Absicht peinlichst zu vermeiden.
Widrigenfalls soll die vorstehende Konzession aufgehoben werden und ihnen nur der Verkauf des Missionsgebäudes samt dem Oratorium gestattet sein. Der Mark- graf behält sich und seinen Nachfolgern das Recht vor, die vorstehende Konzession jederzeit zu ändern, einzuschränken oder ganz zu widerrufen, und so das katholi- sche Religionsexerzitium gänzlich einzustellen.
Dreißig Jahre später gewann diese Konzessionsakte eine über Bayreuth hinausrei- chende Bedeutung, da sie nicht nur von Markgraf Alexander für Ansbach und Erlan- gen fast wörtlich übernommen wurde, sondern auch für Sachsen-Hildburghausen zum Vorbild diente36. Ein Vergleich zwischen den beiden Dekreten von 1722 und 1745 ergibt, daß die neue Konzession eine spürbare Verschlechterung der rechtli- chen Situation der Bayreuther Katholiken bedeutete. Deswegen wurde Finck von der Geistlichen Regierung angewiesen, einstweilen das Reversformular nicht zu un- terzeichnen. Man hatte den Eindruck, als werde der Markgraf nicht in der Lage sein, seine vielfachen mündlichen und schriftlichen über die Konzessionsakte hinausge- henden Zusicherungen gegen seine Regierung durchzusetzen37. Er vermochte es in der Folge auch nur mit größter Mühe, den Plan St.-Pierres, den er doch persönlich genehmigt und unterschrieben hatte, ohne Abstriche ausführen zu lassen. Auf Be-
36 Sachsen-Hildburghausen an Alexander 28. Mai 1774 und 10. Juli 1775 (STABbg C 7 X 8 f 33, 40. Re- gierung Ansbach an Regierung Bayreuth 14. November 1774 (ebenda f 35).
37 Fürstbischof an Geistliche Regierung 30. März 1746 (OABbg PfA 84 F II 6 pr 25).
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