Page 69 - Brandmüller_Kardinal_Reprint
P. 69
an staatsrechtlichen Feinheiten weniger gelegen, als an der möglichst eindrucksvol- len Gestaltung „seiner“ Straße, an der das neue Oratorium lag. Aus diesem Grun- de blieb wohl auch eine Beschwerde der Superintendentur über eine von Finck mit Erlaubnis des Markgrafen vorgenommene Trauung unbeachtet31, ebenso wie St.- Pierres Maßregelung wegen des „Kirchenbaus“. den man „nie und nimmer erlau- ben könne“. so ernst nicht gemeint gewesen zu sein scheint, denn der angedroh- te Abbruch des Gebäudes unterblieb32. Schwieriger waren die Verhandlungen über die Formulierung anderer Passus der Konzessionsakte. Finck bemerkte wohl, daß der vorliegende Wortlaut seiner Tätigkeit erheblich engere Schranken setzte, als das Dekret von 1722. Bei einem eventuellen Widerruf der Konzession würde das Oratorium gegen Erstattung der Baukosten dem Fiskus anheimfallen und der Ge- meinde jeder Besitztitel daran verlorengehen33. Vor allem aber verfänglich waren die Bestimmungen über die Person des Missionars, die deutlich die Gedanken des Lau- terbachschen Gutachtens von 1738 widerspiegeln. Anstellung, Entlassung, Suspen- sion oder Amtsenthebung des Seelsorgers stand nach diesem Entwurf allein dem Markgrafen als ein Ausfluß seiner Landeshoheit zu, ebenso wie die eventuelle Be- strafung des Geistlichen. Die Widerrufsklausel, die ohnehin schon das ganze Religi- onsexerzitium in dauernder Unsicherheit hielt, wurde noch durch die Bestimmung verschärft, daß bei der geringsten Zuwiderhandlung das Oratorium samt dem Mis- sionarshaus ipso facto dem Fiskus verfalle.
Daraufhin richtete die Gemeinde an den Markgrafen die Bitte, wenigstens die härtesten Punkte der Konzession zu mildern. Insbesondere, schrieben sie, sei es unmöglich, die vielen durchreisenden Handwerker, Kaufleute und Künstler vom Gottesdienst abzuhalten. Was den Geistlichen betreffe, so möge dieser, obgleich er schon von Bamberg besoldet werde, dem Markgrafen zwar unterstehen, doch kön- ne diese Abhängigkeit nur so weit gehen, wie die principia religionis dies erlaubten. Jurisdiktion zur Seelsorge und Spendung der Sakramente könne nur der Bischof er- teilen, und wenn er es auch wollte, so könne ein katholischer Geistlicher niemals auf die privilegia fori und canonis verzichten. Was endlich die Konfiskationsklausel anlange, so sei diese vollends untragbar. Wer würde unter solchen Umständen auch nur einen Kreuzer für ein so unsicheres Unternehmen spenden34.
31 Finck habe am 4. November im Hause des Geheimen Rats Marquis du Chatelet eine Trauung gehal- ten. Die Bevölkerung sei darüber sehr beunruhigt und nehme großes Ärgernis, zumal man den fort- schreitenden Kirchenbau ohnehin nur mit Seufzen ansehen könne. Hatte denn der Marquis wirklich die Genehmigung des Markgrafen? (Superintendentur an Markgraf 6. November 1745, LKA 51 a f 2).
32 Er müsse sich wegen seiner eigenmächtigen Handlungsweise beim Bau des Oratoriums, das doch nur ein großes Zimmer werden dürfe, verantworten. Im Benehmen mit dem Hofbaumeister Mader sind Änderungsvorschläge auszuarbeiten (Dekret an St.-Pierre 10. Dezember 1745, STABbg C 7 X 7 f 46.)
33 Entwurf für den Revers, STABbg ex A 170 76.
34 Vgl. das Gesuch vom 1. Dezember 1745 (STABbg C 7 X 7 f 37 ff; OABbg PfA 84 FII 6 pr 26). Die Ant-
wort vom 10. Dezember 1745 besagte: Der Bau in Form einer Kapelle könne nicht zugelassen wer-
46