Page 62 - Brandmüller_Kardinal_Reprint
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unsere Brüder bedrückten und man selber nicht Gleiches mit Gleichem vergelten dürfe, so fordere es doch die Ehre des Allerhöchsten, der irrigen Lehre nicht tatenlos das Feld zu räumen, sondern keinen Fingerbreit zurückzuweichen. Die Intrigen der katholischen Klerisei und die subtilen Fallstricke ihrer Schmeicheleien, mit denen sie unschuldige Seelen zu fangen Tag und Nacht sich bemühen, seien zahllos. Man dürfe ihnen keine Gelegenheit geben, auch nur eine Seele ins Verderben zu stürzen. Also müsse diese Schule verboten werden! Hübner jedoch konnte sich durch Ver- bote nicht hindern lassen, Katechismusunterricht zu erteilen. Die Folge davon war, daß das Konsistorium im Frühjahr 1738 gegen ihn zum Schlage ausholte. Hübner wurde von Superintendent Hagen vorgeladen und einem peinlichen Verhör unter- worfen. Obwohl er sehr höflich behandelt wurde, drohte ihm die Amtshauptmann- schaft mit Landesverweisung, sollte er sich noch „im mindesten vergehen“. Hübner sandte sofort eine Abschrift des Protokolls über sein Verhör zur Information an die Geistliche Regierung, ein Schriftstück, das ein recht günstiges Bild von seinem seel- sorglichen Wirken vermittelt77.
77 1. Tragen die Katholiken Rosenkränze auf der Straße in der Hand: das verstößt gegen die Konzessi- onsakte.
A: Das haben Fremde getan, die das Verbot nicht kannten.
2. Der katholische Priester soll die neugeborenen Kinder in das Oratorium tragen lassen und dort
„salben und mit dem sogenannten Chrismate schmieren“, was eine Bürgersfrau gesehen habe.
A: Hatte weder Chrisma noch Katechumenenöl, sondern nur Krankenöl in Bayreuth. Was geschehen
ist, war die Benedictio mulieris post partum.
3. Der katholische Pater hat viele (Katholiken), die schon zur „Konversion“ reif waren, und Unter-
richt besuchten, durch häufige Besuche und Vorstellungen davon abgeschreckt, worüber sich Herr
Subdiakonus Tröger unlängst beschwerte.
A: Ich habe meine schwankenden Schäflein zur schuldigen Beständigkeit gemahnt, solange sie mein
waren, und nur in gütiger Weise.
4. Der katholische Pater hat nicht nur viele in katholische Orte geschickt, um dort zu konvertieren,
er hat auch einen lutherischen Knaben an sich gezogen, der nun zum Rücktritt oder zur Emigrati-
on aufgefordert werden wird.
A: ad 1, das ist wahr, sie kamen aber freiwillig und ich habe sie unterrichtet, und dann weggeschickt
zur Konversion ad 2, der Knabe war, als sein Vater ihn brachte, noch religionslos.
5. Solle der katholische Pater gesagt haben, man könne in der lutherischen Religion nicht selig wer-
den. A: Nego.
6. Soll der katholische Pater in den Häusern die Kinder katholischer Eltern durch Geschenke von Bil- dern und Geld an sich gelockt haben!
A: Bilder habe ich nur in meinem Haus, das Geld aber ohne Unterschied der Religion Notleidenden gegeben.
7. Soll der katholische Pater ordentlich Schule gehalten haben, mit einer ganzen Stube voll katholi- scher Kinder und trotz manchen Verbotes damit fortgefahren haben.
A: Ich habe 8–10 Kinder, die kein Schulgeld zahlen konnten, unterrichtet „um sie von der Gassen ab- zuziehen“. Ein Verbot habe ich nie erhalten.
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