Page 60 - Brandmüller_Kardinal_Reprint
P. 60

Katholiken. Obwohl persönlich großzügig, weltoffen und liebenswürdig, konnte er an der konsequenten Haltung des Konsistoriums nichts ändern65. Schon einige Wo- chen später setzten nämlich die Bemühungen der evangelischen Geistlichen wieder ein, nicht nur die evangelische Erziehung katholischer Kinder – wofür man offenbar die Regelung für Erlangen zum Vorbild nahm – sondern auch die strikte Durchfüh- rung der Eheschließungsgesetze von 1730 und 1732 zu erzwingen. Nur die Tatsa- che, daß die Katholiken keinen Fürsprecher bei Hofe hatten, und der Rat wohlwol- lender Protestanten hatten Hübner von der Überreichung einer Protestnote an den Markgrafen abhalten können. Dies alles legte Hübner dem Fürstbischof am 28. Ok- tober 1735 dar und bat dringend, bei dem kommenden Besuch des Markgrafen auf Schloß Pommersfelden diesen um Milde gegen seine katholischen Untertanen zu bitten66. Man gewinnt auch wirklich den Eindruck, die Begegnung von Fürstbischof und Markgraf habe einen gewissen Wandel zum Guten für die Katholiken ange- bahnt. Beide Seiten gaben sich Mühe, religiöse Toleranz zu zeigen. Der Fürstbischof rief den protestantischen Superintendenten aus Neustadt a. d. A. zum sonntäglichen Gottesdienst für seine Gäste ins Schloß67, und diese wünschten, anschließend an den Superintendenten – ebenso wie am Allerheiligentag und dem Namenstag des Fürstbischofs – einen Jesuiten aus Bamberg zu hören68. Als im Jahre darauf Friedrich Karl v. Schönborn seinen Gegenbesuch in Bayreuth machte, ließ man, ebenso ent-
65 Eine ausführliche Charakteristik Friedrichs und seiner Gemahlin Wilhelmine findet sich bei Brandt 421 ff. Vgl. auch Vertraute Briefe I, 39 ff.
66 STABbg B 74 III 1 pr 30. –
Man besaß in Bayreuth sehr wenig Takt. Kam es doch sogar vor, daß auf einem Maskenball der „ka- tholische clerus regularis in Maske aufzog“ und ein andermal „auch der Clerus saecularis, nämlich ein Bischof in blauem Talar, dann ein canonicus in collegiata und eine Nonne“. Der dies berichtende Weihbischof schreibt dazu: „Was würden die Protestanten sagen, wenn ihre Prädikanten von Katho- liken in Masken aufgeführt würden“ (Looshorn VII 92).
67 Looshorn VII 80. – Es war dies J. L. Weidner jun., 1668–1744 (Simon, Bayr. Pfb. 2684). Schönborn hat- te schon des öfteren Beweise taktvoller Rücksicht auf die religiöse Überzeugung von Protestanten geliefert. Er ließ den protestantischen Leibarzt des Kardinals v. Schönborn durch einen protestanti- schen Geistlichen mit aller gebotenen Feierlichkeit begraben (Tüchle, Karl Alexander 128).
68 „Quam aestimationem de nostris in concionando habet ipse cels[issimus] princeps, luculenter osten- dit, quando nuper, cum a vicinis duobus ser[enissi]mis marchionibus Baruthano et Onolsbacensi in arce sua Pommersfeldensi inviseretur, in sacello arcis, in quo alias duo alii religiosi (Kapuziner) divi- na administrant, alium concionatorem habere noluit, quam unum ex nostris, id quod clementissime petiit per supremum aulae suae mareschallum. Noster igitur concionator intra octiduum ter, domi- nica antecedente festum Omnium Sanctorum, horum ipso festo die, et die S. Carolo Borromaeo sa- cro, patrono nominis tum augustissimi imperatoris et celsissimi nostri tum utriusque marchionis, et ser[enissi]mae etiam Baruthanae tam apposite et erudite e cathedra dixit, ut aestimationem societati, sibi vero laudem etiam apud serenissimos acatholicos singularem comparavit“ (STBBbg RB Msc 65, 2 p 156).
37


































































































   58   59   60   61   62