Page 58 - Brandmüller_Kardinal_Reprint
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lungen fanden am 17. März 1732 statt. Von Bayreuth waren der Kaufmann Dome- nico Zipoli und der Stukkateur Domenico Catenazzi53 erschienen. Im Namen der „katholischen Versammlung von Bayreuth“. die damals etwa 400–500 Mitglieder zählte, baten sie um Entsendung eines Weltgeistlichen und verpflichteten sich, für dessen Unterhalt durch freie Wohnung und eine „gute priesterliche Kost“ bei recht- schaffenen Leuten zu sorgen54. Daraufhin schlug die Geistliche Regierung noch am gleichen Tag dem Fürstbischof vor, mit Rücksicht auf das im Vorjahr eingegangene päpstliche Breve den Bitten der Gemeinde zu entsprechen und den Alumnus54a Hüb- ner, dessen Gelehrsamkeit und vorbildlicher priesterlicher Wandel bekannt sei, nach Bayreuth zu entsenden55.
Schon am 21. März 1732 erhielt die Gemeinde die Anweisung, für den 3. April 1732 ein Fahrzeug zu schicken, das Hübner an Ort und Stelle bringen konnte. Der Fürstbischof war mit den Maßnahmen der Geistlichen Regierung einverstanden. Doch sollte Hübner, obwohl an seiner Gewandtheit und Diskretion kein Zweifel bestand, noch einmal angewiesen werden, jede Kontroverse, „Verkleinerung und Betathlung“ der dortigen religio dominans zu unterlassen. Die beste Apologie für die Kirche leiste er durch eifrige Seelsorge an seinen eigenen Schäflein56. Ein Grund- satz, mit dem Friedrich Karl von Schönborn sich weit über das Niveau der damals üblichen interkonfessionellen Beziehungen erhob. Kaum war Hübner in Bayreuth eingetroffen, als er sich schon einer gefährlichen Situation gegenübersah. Bereits am 10. August 1730 hatte ein markgräfliches Reskript die Trauung von gemischten Paaren nur unter der Bedingung erlaubt, daß der katholische Teil zur Landesreligion übertrete57. In der Gemeinde war jedoch zuviel katholisches Bewußtsein vorhan- den, als daß man sich dem widerspruchslos beugen wollte. Es kam nun zu einem beinahe organisierten passiven Widerstand, der durch das Beispiel des Maurers Jo- hann Georg Kürtzing ausgelöst wurde. Dieser hatte sich, um die Bestimmungen des Reskriptes zu umgehen, in einem katholischen Nachbarort trauen lassen. Nun war auch eine Reihe anderer Brautpaare beim evangelischen Pfarramt erschienen, um sich zur Trauung anzumelden. Dabei hatten sie gedroht, dem Beispiel Kürtzings zu folgen, falls ihnen die Trauung verweigert würde58. Dagegen sollte nun energisch eingeschritten werden. Markgraf und Regierung waren nicht nur entschlossen, die
53 Domenico Catenazzi, ein gesuchter Stukkateur, kam um 1720 aus Bamberg nach Bayreuth, er starb 1756 in Bamberg (Sitzmann, Künstler 274).
54 Protokoll der Geistlichen Regierung 17. März 1732 (OABbg PfA 82 F II 5 pr 1).
54a „Alumnus“ war ein junger Priester, der auf seelsorgliche Anstellung und Pfründe wartend, seinen Le-
bensunterhalt noch im Seminar genoß.
55 Geistliche Regierung an Fürstbischof 17. März 1732 (STABbg B 74 I 9 pr 34). Johann Konrad Hübner
aus Neukenroth 1704–1762 (Wachter 4703).
56 Geistliche Regierung an Gemeinde Bayreuth 21. März 1732; Fürstbischof an Geistliche Regierung 26.
März 1732 (OABbg PfA 82 F II 5 pr 1).
57 CCBC 1 588.
58 Regierung an Superintendentur 21. Mai 1735 (LKA 139).
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