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bisherige Regelung durchzusetzen, sondern auch Kürtzing zu bestrafen, und ein markgräfliches Reskript vom 21. Mai 1732 dehnte das Trauungsverbot sogar auf ka- tholische Paare aus, die den Übertritt verweigern würden.
Sollten sie es jedoch wagen, sich auswärts trauen zu lassen, so würden sie des Landes verwiesen59. In dieser schwierigen Situation scheint Hübner sich aber in je- der Hinsicht bewährt zu haben, denn die Gemeinde lobt in einem Brief an den Bi- schof ihren Seelsorger, der durch „seine civile Aufführung gegen jedermann große Ästimation erworben hat und allgemein große Ehre genießt“60.
Die Lage der Mission blieb weiterhin gespannt. Die im März 1733 erfolgte Kon- version der Prinzessin v. Thurn und Taxis61 rief anscheinend eine lebhafte prote- stantische Opposition hervor, unter deren Druck wohl auch die in Kulmbach leben- de Prinzessin Sophie Wilhelmine ihre „Reversion“ zur lutherischen Landeskirche, die man zu Kulmbach mit feierlichem Pomp beging, vollziehen mußte62. Auf sol- che Weise wurde die öffentliche Meinung sehr zuungunsten der Katholiken beein- flußt. Als im Mai Markgraf Georg Friedrich Karl lebensgefährlich erkrankt war und man stündlich seinen Tod erwartete, befürchtete Hübner als Folge von dessen Ab- leben eine vermehrte „Verfolgung und Vertilgung“ der Gemeinde auf dem Wege über die „gewaltsame Lutheranisierung der Kinder“63. In der Tat brachte der Regie- rungsantritt des Markgrafen Friedrich64 zunächst keine Besserung der Lage für die
59 CCBC I 589.
60 STABbg B 74 I 9 pr 34.
61 Vgl. S. 33.
62 Am Ostersonntag trafen sich alle Beteiligten um 7 Uhr vor der Wohnung Steins. Dann fuhr man mit
5 Chaisen zur Kirche, wo die Geheimen Räte die Prinzessin zum Kirchcnstuhl geleiteten. Es folgte die Beichte der Prinzessin „unter Vergießung vieler Bußthränen und wahrer Zerknirschung des Her- zens“, dann Predigt und Abendmahl. Während dessen sang man das „erbauliche Bußlied: Ich armer Mensch, ich armer Sünder“ – eine wenig taktvolle Anspielung auf den bekannten Fehltritt der Prin- zessin – und während des folgenden Te Deum wurden auf der Festung „12 Stucken gelöst“. Der Kon- rektor Tröger hatte eine Predigt über die Gewißheit der Auferstehung gehalten und der Prinzessin zu ihrer geistlichen Auferstehung „felizitiert“ (Bericht der Geheimen Räte v. Stein und Voit v. Salz- burg an den Markgrafen 5. April 1733, STABbg ex C 22, II 2032 f 1 f). Daß man die Konversion in Mainz und die Reversion in Kulmbach miteinander in Zusammenhang brachte, zeigt die Tatsache, daß man im „Nachtrag zu den wöchentlich kurzgefaßten Historischen Nachrichten der neueren Eu- ropäischen Begebenheiten auf das Jahr 1733, IV. Stück des Monaths Aprilis, Regensburg, zu finden bei Christian Gottlieb Seiffart“ S. 74 auf die lakonisch kurze Mitteilung der Mainzer Konversion ei- nen ausführlichen Bericht von dem Ereignis in Kulmbach folgen ließ (STABbg ex C 22, II 2032). Eine gewisse Schuld an diesem Abfall trägt wohl auch die geistliche Regierung in Bamberg, die es trotz verschiedener Bitten versäumte, der Prinzessin einen Hofkaplan zuzuteilen, der ihr in den religiösen Auseinandersetzungen hätte beistehen können. Den einzigen, den man 1732 abgeordnet hatte, rief man im September schon wieder ab, in der unbegründeten Hoffnung, das Kloster Langheim werde sich der Prinzessin annehmen (STAGgb B 74 I 9 pr 15 und 77).
63 Hübner an Fürstbischof 2. Mai 1735 (STABbg B 74 I 11 pr 31).
64 Friedrich, geb. 1711, regierte 17. Mai 1735 – 26. Februar 1763 (Großmann-Zinyeler 123).
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