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Propaganda unterstanden. Von seiten Bambergs hatte man sich bisher niemals um die Katholiken in Bayreuth gekümmert. Die Missionare waren stets Ordensleute gewesen und hatten wohl von ihren Oberen Jurisdiktion erhalten, und die Glashüt- tener Schloßkapläne hatten von ihrem Bischof keinen Auftrag für die Seelsorge in Bayreuth49. Für die Lage der Mission freilich war die sich nun anbahnende Abhän- gigkeit von den Bamberger Fürstbischöfen keineswegs nur von Vorteil. Zwar war dem Missionar durch die Nähe seines Bischofs und auch durch die politische Macht der meist in Personalunion vereinten Hochstifte Bamberg und Würzburg eine starke Rückendeckung erwachsen, doch sollte gerade dieser Umstand sich als eine Quelle dauernder Verdrießlichkeiten offenbaren. Hatte man den Jesuiten P. Lang oder die Franziskaner mehr oder weniger als private Angestellte der katholischen Gemein- de Bayreuth angesehen und ihnen daher keinerlei politische Bedeutung zugemes- sen, so galt doch ein vom Fürstbischof von Bamberg abhängiger Geistlicher stets auch als Emissär des Hochstifts, der, Untertan eines fremden Souveräns, als Fremd- körper im eigenen Staatsgebilde mit Mißtrauen zu betrachten war. Dieser Zustand führte zu einer übergroßen Empfindlichkeit der Bayreuther Regierung, die nur all- zuschnell bereit war, in noch so unbedeutenden Unternehmungen „höchst präjudi- zerliche Akte“ von seiten Bambergs zu erblicken.
All das gewann sehr bald praktische Bedeutung. Ohne ersichtlichen Grund hatte nämlich die Regierung P. Baldus Erhard befohlen, binnen 14 Tagen, also am 4. März 1732, entweder sein Ordenskleid abzulegen oder die Stadt zu verlassen.50 Sofort wandte sich dieser an seinen Provinzial mit der Bitte, ihm Dispens vom Tragen des Habits zu erteilen. Auch die Geistliche Regierung in Bamberg nahm zu dem Provin- zial Verbindung auf und schlug vor, P. Erhard durch einen anderen Pater zu ersetzen, der die Erlaubnis zum Tragen bürgerlicher Kleidung haben sollte, denn noch war man in Bamberg nicht gewillt, die Stelle mit einem Priester aus dem Hochstift zu besetzen. Der Provinzial aber konnte sich zu der vorgeschlagenen Lösung nicht ent- schließen, zumal die Seelsorge in Bayreuth dem Konvent von Marienweiher nicht nur keinen Vorteil, brachte, sondern nur eine Last bedeutete, deren man sich gerne entledigte51. Da aber die für P. Erhard erbetene Fristverlängerung am 28. März ab- lief, ent-schloß sich die Geistliche Regierung nun endlich, die Geschicke der Bay- reuther Katholiken selbst in die Hand zu nehmen. In der Antwort auf ein Schreiben der dortigen Gemeinde forderte man sie am 6. März 1732 auf, zwei bevollmäch- tigte Vertreter nach Bamberg zu weiteren Beratungen zu entsenden52. Die Verhand-
49 Die Akten der Geistlichen Regierung geben darauf keinen Hinweis.
50 Geistliche Regierung an Fürstbischof 17. Marz 1732 (STABbg B 74 1 9 pr 34).
51 Geistliche Regierung an Gemeinde Bayreuth 23. Februar 1732 (OABbg PfA 82 F II 5 pr 1). Die Geist-
liche Regierung war sogar bereit, zum Unterhalt dieses Missionars beizutragen (Geistliche Regierung
an Kloster Marienweiher 14. Februar 1732, KLA Marienweiher Lib. benef. f 101).
52 Gemeinde Bayreuth an Geistliche Regierung 5. März 1732 und diese an Gemeinde Bayreuth 6. März
1732 (OABbg PfA 82 F II 5 pr 1).
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