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Erziehung aller Kinder aus seiner Ehe zu erhalten vermocht42. Und da man den Ein- druck gewinnen konnte, dem Bayreuther Hof sei mehr an dem Zustandekommen der Heirat, als an der Einhaltung des Religionsrezesses gelegen, mochte man trotz allem sogar auf eine spätere Konversion der Prinzessin hoffen43. Konversionen zur katholischen Kirche hatten sich im Hause Brandenburg-Culmbach ja schon 171044 und erst wieder 1729 ereignet, als die in Kulmbach lebende „verführte“ Prinzessin Sophie Wilhelmine zur katholischen Kirche übergetreten war45. Unter solchen Um- ständen konnte man wohl versuchen, die katholische Sache in Bayreuth voranzu- führen. So stellte der Papst in seinem Breve vom 18. August 173146 dem Fürstbischof Friedrich Karl von Schönborn die Not der dortigen Katholiken, die ja zur Diözese Bamberg gehörten und zu arm seien, um einen Seelsorger zu unterhalten, mit sehr verbindlichen Worten vor Augen und bat, der bedrängten Gemeinde zu Hilfe zu kommen. Bisher war also die Bayreuther Mission stets von Ordensleuten betreut worden. Das entsprach auch den Verhältnissen in den Nordischen Missionen, wo in der Hauptsache ebenfalls Jesuiten und Franziskaner wirkten47. Mit dem genannten Breve aber übertrug der Papst die Sorge für die Bayreuther Mission dem Diözesan- bischof. Ganz ausdrücklich hebt er die Tatsache hervor, daß die „coalescens ecclesia (Baruthana) ad tuam istam Bambergensem dioecesim pertinet“. Wie es der Haltung der Kurie zum Westfälischen Frieden von Anfang an entsprach48, lehnte der Papst mit diesem Satz die Auslegung des Westfälischen Friedens ab, die besagte, daß die Jurisdiktion der katholischen Bischöfe über Katholiken in protestantischen Territori- en nur dort weiterbestehe, wo sie im Normaljahr ausgeübt worden, in den anderen Territorien aber, zu denen auch das Fürstentum Bayreuth gehörte, suspendiert sei. Hätte diese Auffassung zu Recht bestanden, wären die Katholiken von Bayreuth der
42 Fürst von Thurn und Taxis an den Kaiser 16. Dezember 1730 (TTZA AN I 207 f 101).
43 Die Konversion erfolgte zu Mainz im März 1733 (STABbg ex C 22 II 2032). Vgl. den Brief der Prin-
zessin an Klemens XII. vom August 1733 (ASV Principi 228, I f 140 f).
44 Vgl. die Ehe der Prinzessin Eleonore mit Hermann Friedrich von Hohenzollern-Hechingen. – Chri-
stine Sophie Wilhelmine 1701–1749 (Großmann- Zingeler 122) hatte, von dem Kammerjunker v. Wo- beser verführt, Zwillinge geboren (Hartmann 138) und lebte, der Residenz verwiesen, im sogenann- ten Prinzessinnenhaus zu Kulmbach. Zum Ganzen: Veh 0., Prinzessin Christina Sophie Wilhelmine von Brandenburg-Kulmbach in: AfO 36 (1952) 128–140.
45 Die Konversion fand am 1. Januar 1729 in der Pfarrkirche von Stadtsteinach statt (PFA Stadtsteinach, Matr. ab 1703 f 187). Von anderer Hand hinzugefügt: „Post gaudia luctus!“ – Anspielung auf den bald erfolgten Abfall.
46 „...Itaque valde verendum est, ne inter ipsa primordia coalescens ecclesia, quae ad tuam istam Bam- bergensem dioecesim pertinet intereat. Quamobrem in fraternitatis tuae zelo et sacerdotali carita- te spem nostram collocantes, te vehementer petimus, tuaeque pietati necessitates periclitantis gregis magnopere commendamus ...“ (OABbg PfA 80 F II 5 unfol).
47 Vgl. Woker F. M., Die Geschichte der norddeutschen Franziskanermission der sächsischen Or- densprovinz vom Hl. Kreuz, Freiburg 1880; ders. Aus nordischen Missionen des 17. und 18. Jahrhun- derts, Köln, 1884.
48 Pastor XIV, 1 95 ff.
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