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Karfreitag der Protestanten traf nämlich der „Schmerzensfreitag“ der Katholiken, so daß auch im katholischen Oratorium über das Leiden Christi gepredigt wurde20. Man versteht P. Lang, wenn er sich unter diesen Umständen mit einem Schiffer vergleicht, der zwischen Scylla und Charybdis (Lutheranern und Reformierten) hin- durchfahren und ständig befürchten muß, Schiffbruch zu leiden21. Manch jesuiten- feindliches Gerücht kursierte in der Stadt und, was immer Protestanten als Beein- trächtigung durch die Katholiken empfanden, wurde mit Sicherheit den Jesuiten zur Last gelegt. Darum schrieb Lang: „Ita numquam non in ancipiti res nostrae haerent.“ Unter diesen Umständen wurde die Möglichkeit, das Religionsexerzitium jeweils fortsetzen zu können, immer wieder wie eine Neubegründung desselben empfun- den22. Dennoch ging die Entwicklung der Gemeinde voran. Es kamen sogar nicht selten Protestanten, „meticulosi Nicodemi“. heimlich zu P. Lang und begehrten reli- giöse Unterweisung und Rat23. Andere hatten keine Bedenken, P. Langs Predigten zu besuchen24, ihn um Weihwasser und manch gesegneten Gegenstand zu bitten und zum Schmuck seines Altars beizutragen. Konvertiten, die gewonnen werden konn- ten, in Bayreuth selbst zu unterrichten und in die Kirche aufzunehmen, war freilich zu gefährlich. Sie wurden von P. Lang an „sichere Orte im Ausland“ verwiesen, von
wo sie als Katholiken zurückkehrten25.
Am 18. Dezember 1726 starb plötzlich Markgraf Georg Wilhelm. Wieder einmal
war aller Anlaß zu Befürchtungen für die Rechte der katholischen Gemeinde gege- ben. Allein der Regierungsantritt Georg Friedrich Karls26 blieb ohne nachteilige Fol- gen für sie. P. Lang schrieb dies der Fürbitte des Heiligen Georg zu, der nicht nur der Patron des Oratoriums, sondern auch Namensheiliger des verstorbenen und des nun regierenden Landesherrn war. Dieser war den Katholiken wohlgesinnt und er- ließ für sie „novas immunitatis litteras“27. P. Lang sollte sich seiner Gunst allerdings nicht mehr lange erfreuen. Im Sommer 1728 erkrankte er und starb am 28. August im Alter von 54 Jahren.
Er hatte seine besten Jahre der Seelsorge in Bayreuth gewidmet. Ein vorbildliches Leben, in dem sich priesterlicher Eifer mit Umsicht und Klugheit verband, hatte ihn auf seinem schwierigen Posten ohne Tadel bestehen lassen. Körperliche Schwäche und ein gewisser melancholischer Zug seines Charakters hatten ihm dies nicht leicht
20 Vgl. Vogt E., Die Einführung des Gregorianischen Kalenders im Hochstift Bamberg, Diss. phil. Erlan- gen 1923 (im Druck: Bamberg 1958).
21 HSTA Mchn Jesuitica 229 f 111.
22 HSTA Mchn Jesuitica 230 f 94 f.
23 HSTA Mchn Jesuitica 229 f 111.
24 HSTA Mchn Jesuitica 232 f 140 ff.
25 HSTA Mchn Jesuitica 231 f 216 f.
26 Georg Friedrich Karl, geboren 1688, regierte 1726–1735 (Großmann- Zingeler 122, Veh 0., Markgraf
Georg Friedrich Karl von Bayreuth (1726–1735) in: AfO 35 (1951) 86–108).
27 HSTA Mchn Jesuitica 230 f 94 f. – Der Text dieser Litterae immunitatis konnte nicht ermittelt wer-
den.
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