Page 51 - Brandmüller_Kardinal_Reprint
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fürchtet hatten, für sie eintrat, und Markgraf Georg Wilhelm der katholischen Ge- meinde eine förmliche Konzessionsurkunde ausstellte13. Fürs erste könnte der An- schein entstehen, es habe der Geheime Rat das Anstellungsdekret für den Seelsorger der Berliner Katholiken, das Friedrich Wilhelm I am 17. Januar 1722 erlassen hatte, zum Vorbild genommen. Allein dieses legte der katholischen Seelsorge weit gerin- gere Beschränkungen auf, als die Bayreuther Konzessionsurkunde. Immerhin ist es aber wahrscheinlich, daß wenigstens Anregungen von dem Berliner Vorbild emp- fangen wurden14.
Nun durften die Katholiken in einem außerhalb der Ringmauer gelegenen Hause ihr Oratorium einrichten und dort Gottesdienste abhalten. Ihren Seelsorger und das Oratorium mußte die Gemeinde fortan aus eigenen Mitteln unterhalten. Mit der Konzession war die Verpflichtung verknüpft, stets für die „gnädigste Landesherr- schaft“ zu beten, sich friedlich und eingezogen zu betragen und die evangelische Religion nicht anzugreifen. Konvertiten anzunehmen war dem P. Lang verboten, und wenn Kranke zu versehen waren, mußte er jedesmal die Erlaubnis der Regie- rung dazu einholen. Dabei durfte das „sogenannte Venerabile“ ebensowenig öffent- lich zu den Kranken gebracht werden, wie man auch Rosenkränze und Palmzweige nicht sichtbar auf der Straße tragen durfte. Es war verboten, im Oratorium Weih- nachtskrippe und Heiliges Grab aufzustellen. Die „Fast-Buß- und Bettage“ der Pro- testanten waren auch für die katholischen Einwohner der Stadt verpflichtend. Die einschneidendsten Beschränkungen aber bestanden darin, daß alle Taufen, Trau- ungen und Begräbnisse von den evangelischen Geistlichen vorgenommen werden mußten, denen auch das Recht auf die Stolgebühren zukam, und daß die Konzes- sionsakte jederzeit widerrufen werden konnte15. Dazu kam, daß durch die genaue
13 ebenda, vgl. Dokumentenanhang I.
14 Vergleiche Anstellungsurkunde für P. Torck OP in Berlin, 17. Januar 1722. Diese verlangt Ergeben-
heit gegen den König und das Königshaus sowie Gebet für dasselbe. Das Gebet ist wörtlich vorge- schrieben. Zu seinen Reisen in die auswärtigen Garnisonen wird P. Torck Fuhrwerk gestellt. In den notwendigen Kontroverspredigten soll er sich aller polemischen Schärfe enthalten. Actus parochiales sind ihm verboten. Krankenbesuch steht im frei, Gefangene darf er ohne besondere Erlaubnis nicht besuchen, Delinquenten nicht zur Exekution begleiten. Konvertiten darf er nicht annehmen. Kinder aus gemischten Ehen folgen den Eltern secundum sexum im Bekenntnis. Prozessionen außerhalb sei- nes Oratoriums sind verboten. Dagegen erhält P. Torck ein Jahresgehalt von 300 Reichstalern. Jedoch ist auch eine Revokationsklausel beigefügt (Lehmann VII 650 ff).
15 STABbg A 170 Urk. Nr. 75, Dokumentenanhang Nr. 1. Mit diesem Jahr (1722) beginnen auch die ei- genen Jahresberichte, unter dem Titel „Missio aulica Baruthana“. Vorher waren sie als Anhängsel zu denen der öttinger Mission erschienen. Der Grund dafür mag darin zu suchen sein, daß man sie vor- her nur eine Privatsache des Grafen Hermann Friedrich betrachtet hatte. Der Jahresbericht der Missi- on in öttingen, die ihre Bayreuther Filiale in diesem Jahr zum letztenmal im Jahresbericht erwähnt, sagt dazu: „Missio ... serenissimo marchioni adeo cordi fuit, ut eam etiam in posterum ... tolera- re statuerit, edito hunc in finem decreto, quod restringit quidem usitatam hactenus libertatem, mul- tam tamen praebet succurrendi ovibus ... Pater missionarius quoque translatus est ... in surburbium ... ubi amplis in aedibus ... (sc. sacra administrare potest) ... si quidem in promptu fuerint sumptus necessarii!“ (HSTA Mchn Jesuitica 226 f 15).
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