Page 52 - Brandmüller_Kardinal_Reprint
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Fixierung der Rechte des P. Lang seiner Tätigkeit Grenzen gesetzt wurden, die ihn vorher nicht eingeengt hatten.
Für P. Lang persönlich bedeutete der Weggang des Grafen nicht nur den Verlust ei- nes einflußreichen Beschützers, er geriet dadurch auch in materielle Not. Wohnung fand er in einer Dachkammer, die kaum Schutz vor der Witterung bot, und seinen Lebensunterhalt, wie auch die Bedürfnisse des Oratoriums16, mußte er von den mil- den Gaben der ohnehin nicht wohlhabenden Gemeinde bestreiten. Doch vermoch- ten diese widrigen Umstände keineswegs, seinen seelsorglichen Eifer zu hemmen, der auch aus dem „kleinen, rings vom Unkraut umwucherten Acker“ reiche Frucht ernten durfte17. Der Fortschritt, den die Entwicklung des katholischen Religionsex- erzitiums mit dieser Konzessionsurkunde erzielte, bestand darin, daß das bisherige exercitium privatum einer fürstlichen Familie, das via facti schon auf die gesamten katholischen Einwohner der Stadt ausgedehnt worden war, ausdrücklich in diesem Umfang bestätigt wurde, wodurch die katholische Gemeinde rechtliche Anerken- nung gefunden hatte.
Dies konnte nun auch bei weiteren legislativen Maßnahmen nicht mehr überse- hen werden. Als darum 1724 für die Vorstadt St. Georgen am See eine Reihe von Privilegien erlassen wurde, wurden den Katholiken ebenso wie den Reformierten die gleichen Bedingungen für die Ausübung von Handel und Gewerbe wie den An- gehörigen der religio dominans gewährt und ihre religiösen Rechte bestätigt18. Zu- dem erhielten sie die Erlaubnis, – freilich unter Verzicht auf Turm, Glocken und Orgel – ein Gebäude für ihren Gottesdienst aufzuführen19. Die Freude über die- sen Fortschritt wurde allerdings bald wieder getrübt. Die Protestanten, die sich im- mer noch an den Julianischen Kalender hielten, bemerkten nämlich, daß die Katho- liken in diesem Jahre das Osterfest eine Woche später als sie selbst feiern würden und wollten es nicht dulden, daß diese trauerten, während die ganze Stadt sich der Osterfreude hingeben würde. Der deswegen befürchtete Zornesausbruch des Markgrafen, der ja alles bisher Erreichte in Frage stellen konnte, konnte allerdings durch den Schein des Gleichklangs im Festkalender abgewendet werden. Auf den
16 Heute Siegfried-Apotheke, Ecke Wolfsgasse – Erlanger StraSSe(Sitzmann, Kirchen 26).
17 „Pergit e provincia nostra operarius excolere hunc agrum, parvum quidem, sed optimo tritico reple- tum, quamvis eundem omni ex parte circumdant latissima iugera, ubi dominans nonnisi infelix lo- lium, et steriles avenae exurgant...“ (HSTAMchn Jesuitica 227 f 113 f). Die Behauptung: „Mit des Grafen Abzug endete die kurze Geschichte dieser sehr kleinen Gemeinde noch vor dem Tod des
Markgrafen“ (Hartmann 129) entbehrt jeder Grundlage.
18 CCBC II, 759.
19 So jedenfalls faSSte es P. Lang auf, wenn er schreibt „ .. Nam prope lacum ab hoc divo (Georgio) co-
gnominatum Serenissimus novam civitatem nunc condens eadem catholicis privilegia, ac aliis in nova urbe futuris incolis clementissime indulsit, quin imo facultatem etiam adiecit propriam ibidem (aedem) aedificandi, in qua religioni nostrae... secure vacaretur“ (HSTA Mchn Jesuitica 228 f 114 f). Zum Bau kam es freilich nicht.
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