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der Schwester des Markgrafen Christian Ernst verheiratet gewesen war, lebte mit seiner zweiten Gemahlin, einer Prinzessin von Öttingen-Spielberg, als Oberhofmar- schall in Bayreuth. Er hatte vom Markgrafen die Erlaubnis zur privaten Religions- übung erlangt. Dank der Beziehungen seiner Gemahlin zu der Öttinger Jesuitenmis- sion gründete man nun von dort aus eine Filiale in Bayreuth7 und entsandte P. Anton Lang8 dorthin. Dieser hatte bisher dreizehn Jahre lang als Professor für Grammatik, Poesie und Rhetorik und später für Philosophie und Kontroverstheologie gewirkt und schien deswegen für die Seelsorge in Bayreuth die besten Voraussetzungen zu bieten. Daß ein Mann vom Range und Einfluß Graf Hermann Friedrichs sich als Ka- tholik bekannte, erleichterte dem Missionar seine Aufgabe und verlieh auch der bis- her verfemten und geringgeachteten katholischen Religion gesellschaftliches Anse- hen9. Im Haus des Grafen fanden auch die katholischen Einwohner Bayreuths dank der Großzügigkeit des Markgrafen ihren religiösen Mittelpunkt10. So waren günsti- ge Bedingungen geschaffen, unter denen die Gemeinde sich ruhig und stetig entwik- keln und auch an Zahl zunehmen konnte11.
Im Jahre 1722 aber wurde Graf Hermann Friedrich vom Kaiser zum Kommandan- ten der Festung Freiburg i. Breisgau ernannt und zog von Bayreuth weg dorthin12. Mit einem Male war nun der weitere Bestand des katholischen Religionsexerziti- ums in Frage gestellt. Schon glaubten die Katholiken, es sei um ihren Gottesdienst geschehen, als gerade der Geheime Rat, den sie bislang als ihren größten Gegner ge-
7 „accedit missionis nostrae appendix missio Baruthana, in qua societatis nostrae sacerdos, saecula- ris clerici habitu indutus, munus apostolicum obit concionatoris, confessarii, mystae et parochi ipse enim in metropoli Byrruthana oves catholicas hactenus pastore destitutas pascit, excitat et faustis auspiciis in vero ovili conservat, non invito serenissimo marchione, cuius aula etiam illustres ovicu- lae catholici pastoris vocem audiunt, avide sequuntur cum aliquot centum animarum salute, et glo- riae divinae in dies augescente incremento“ (HSTA Mchn Jesuitica 219 f 204).
8 P. Anton Lang SJ, geboren 10. August 1674 zu Trostburg, Ordenseintritt 1691, Profeß 2. Februar 1699, Entsendung nach Bayreuth 1714, Tod 26. August 1728 daselbst. Sein Porträt befindet sich im katho- lischen Pfarramt zu Bayreuth (Duhr IV, 1 254; HSTA Mchn Jesuitica 232 f 140 ff; AOP SJ Msc VI, 16, 36; XI, 43).
9 Lober 35 Durch die seitens des Markgrafen dem P. Lang erwiesene Hochachtung und Sympathie verlor die Gesellschaft Jesu auch in Bayreuth ihr „exosum nomen“ (HSTA Mchn Jesuitica 220 f 38). Dank diesem Umstand gelang es auch den Jesuitengegnern nicht, P. Lang in seiner Tätigkeit zu be- einträchtigen, wiewohl es an Versuchen dazu nicht fehlte (ebenda 222 f 41; 224 f 18).
10 Heute Maxstraße 17 (Sitzmann, Kirchen 25). Dort fand sonntags Predigt, Messe, Christenlehre und Rosenkranz statt. In der Karwoche 1715 ließ der Graf ein „perelegans epitaphium morientis Christi“ (= Heiliges Grab) aufbauen und eine ergreifende Passionsmusik – „piissimos lessus decantare iussit“ – veranstalten. Die Anteilnahme und Ergriffenheit der Bevölkerung darüber war allgemein. An ande- ren hohen Festen kamen jeweils Franziskaner von Kemnath, die P. Lang unterstützten und ihm „tan- ta in solitudine solatium afferunt“ (HSTA Mchn Jesuitica 220 f 38).
11 Im Jahresbericht von 1722 wird die Zahl mit ca. 300 angegeben, während Lober (S. 35) von einem „kläglichen Rest“ spricht.
12 HSTA Mchn Jesuitica 226 f 112; ARSJ Germ. Sup. 84 Annuae 1718–23 f 387’.
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