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eignet. Nun schritt die Regierung mittels eines Ausschreibens am 29. Dezember 1703 dagegen ein. Man habe mißfällig bemerkt, daß mancherorts katholischen Geistlichen die Vornahme von Krankenprovisuren erlaubt worden sei. Obwohl dies nur aus nachbarlichem Einvernehmen und gegen einen Revers de non praejudican- do et reciprocationis geschehen sei, müsse man befürchten, daß diese vorgenom- menen Amtshandlungen in die Matrikel eingetragen würden und schließlich zu ei- nem Gewohnheitsrecht führen könnten, das den landesherrlichen Episkopalrechten erheblich Abbruch zu tun vermöchte. Es sei um so mehr Vorsicht am Platze, als die katholischen Reichsstände die „Reziprokation“ nur sehr zögernd einräumten. Aus den angeführten Gründen verbot nun das Reskript, selbst gegen Ausstellung eines Reverses die Vornahme von Provisuren durch katholische Priester zu gestatten, es sei denn, daß die Landes- oder Stadtbehörden angegangen worden seien39. Zu einer neuerlichen Beschwerde kam es 1713, als wieder einige Besuche von Priestern in der Stadt den Verdacht der Behörden erweckt hatten. Trotzdem der Rat, der „zwar nicht übel Lust hatte, diese Pfaffen zu bestrafen“, um Instruktion durch die Regie- rung bat, um „weder zuviel noch zu wenig“ in dieser Sache zu unternehmen40, hat sich keine einheitliche Verfahrensweise herausgebildet. Einerseits rief man 1727, 1728 und 1729 sogar den Pfarrer von Burgoberbach, um katholischen Häftlingen Gelegenheit zur Osterkommunion zu geben,41 und tat desgleichen, wenn zum Tod verurteilte Katholiken hingerichtet wurden42. Meist stellten diese Priester auch den verlangten Revers bereitwillig aus43. Andererseits verletzte man wieder Burgoberba- cher Pfarrechte, indem die Ansbacher Geistlichen ohne zu „reversieren“ ihren Glau- bensgenossen in Burgoberbach das Abendmahl reichten44, und noch viel mehr, in- dem die weltlichen Behörden sich die verschiedensten Übergriffe erlaubten45. Unter solchen Umständen mochte man dann auch die „heymliche Einschleichung des Meßpriesters zu Oberbach in des Spohrerische Hauß“ zu Ansbach beinahe zur Kri-
39 STANbg Brandenburg-Ansbach, Ausschreiben X 3 pr 1 a.
40 Erwähnt wird als Beispiel der Fall des Tuchmachers Le Charle (Bürgermeister und Rat an Hofrat 14.
März 1713 StAAn AM 760 f 77).
41 StAAn AM 760 f 91 ff.
42 24. März 1730, 15. Juli 1732, 17. Februar 1734. Dabei verfuhr man von Seiten der Behörden ganz kor-
rekt. Die Vorbereitung auf den Tod und der letzte Zuspruch am Richtplatz wurde dem katholischen Geistlichen eingeräumt, während die öffentliche Begleitung zum Richtplatz durch die protestanti- schen Geistlichen vorgenommen wurde. Diese allerdings unternahmen auch gelegentlich noch im Angesicht des Todes „Bekehrungsversuche“ an den Delinquenten oder redeten zugleich mit dem ka- tholischen Priester auf den Delinquenten ein (OAEich PfA Burgoberbach).
43 Reverse aus den Jahren 1727–29, StAAn AM 760 f 91 ff 106 f.
44 Beschwerde des Pfarrers Würzburger von Burgoberbach bei der Geistlichen Regierung Eichstätt 19.
Juli 1721 (OAEich PfA Burgoberbach).
45 Solche Korrespondenz ist aus den Jahren 1659, 1729, 1730, 1731, 1743 vorhanden (OAEich PfA Bur-
goberbach).
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