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ein Gutachten für den Markgrafen. Man müsse, heißt es da, dem Papsttum, das trotz aller Glimpflichkeit der protestantischen Fürsten immer einrissiger werde, en- ergisch Einhalt gebieten, sonst würde aus der Erlaubnis bald ein Rechtsanspruch, der den landesherrlichen Rechten präjudiziere. Das Verlangen der Katholiken richte sich auch direkt gegen die in der Deklaration von 1711 garantierte freie und öffent- liche Religionsexerzitium der Lutheraner und Reformierten. Diese würden zudem von den Katholiken ohne Revers auch nicht in ihre Pfarreien zur Provisur zugelas- sen. Würde man dem Gesuch entsprechen, entstünde allgemein große Empörung bei den Protestanten, da so die Greuel des Papsttums in einer Stadt geschähen, de- ren Bewohner es für ihr größtes Glück hielten, sicher vor allem päpstlichen Religi- onsunfug in der Freiheit ihres Gewissens Gott zu dienen. Unter diesen Umständen müsse man sogar Tätlichkeiten gegen den Pfarrer von Büchenbach gewärtigen. An- dererseits mußte, so schreibt der Superintendent weiter, eine kranke evangelische Person bei ungestümstem Winterwetter unter freiem Himmel kommuniziert wer- den, andere mußten aus katholischen Orten weggenommen werden, da man sie lie- ber hätte umkommen lassen, als einen protestantischen Geistlichen zuzulassen. In Büchenbach endlich soll man vor einiger Zeit einer Protestantin alle Pflege entzogen haben, um sie zum Übertritt zu zwingen.
Es könne also nur ein striktes Nein gegenüber den Forderungen der Katholiken ge- ben51. Angesichts dieser Haltung kann man ermessen, welche Widerstände die Er- langer Katholiken erfuhren und welche Anstrengungen sie unternehmen mußten, bis sie 70 Jahre nach den Bayreuthern und 10 Jahre nach ihren Ansbacher Glaubens- brüdern Erlaubnis zum Privatgottesdienst erhalten konnten.
51 LKA 86 f 12. – Doch räumt auch Kolde (S. 65) die Möglichkeit ein, daß Pfeiffer bei der Aufzählung der obengenannten Beispiele für die Intoleranz der Katholiken übertrieben habe. Seeberger (S. 32) be- richtet einen ähnlichen Vorfall, der aber keineswegs durch die Haltung des katholischen parochus loci verursacht worden war, sondern durch die Absicht des betreffenden protestantischen Pfarrers, der die Ausstellung eines Reverses umgehen wollte. Ob nicht auch der oben berichtete Fall so seine Erklärung findet?
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