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stättischen Pfarrei Burgoberbach und dem Kollegiatstift Herrieden wählen32. Die Deutschordenskommende Virnsberg bot weniger den Katholiken der Residenz als den katholischen Bewohnern des nordwestlichen Ansbacher Umlandes Gelegen- heit zum Gottesdienst33. Auch die Schloßkapelle des Rittergutes Wilhermsdorf wur- de gern von den Katholiken der Umgegend besucht34. Der seelsorgliche Einfluß, der auf diese Weise auf die Katholiken ausgeübt wurde, war nicht gering. Das trat an- läßlich der Feier des Augustana-Jubiläums von 1730, das in Ansbach „mit soviel Aufgebot an Feierlichkeit, ja man darf sagen, Pomp“ begangen wurde, deutlich zu Tage. Für die Zeit vom 23.–26. Juni waren strengste Feiertagsruhe, Festpredigten und -gottesdienste angeordnet worden35. Wie sollten sich nun die Katholiken wäh- rend der Festtage verhalten? Offensichtlich erwartete man von ihnen sogar die Teil- nahme an den kirchlichen Feiern. Der Pfarrer von Burgoberbach befürchtete dies nicht zu Unrecht und riet darum einigen katholischen Handwerksgesellen zu einem Ausweg. Vier von ihnen nahmen also vor dem Fest Abschied von ihren Meistern, zwei blieben während der Festtage in Herrieden und nur einer besuchte am dritten Tag des Festes den evangelischen Gottesdienst. Daß der Geheime Rat dafür kein Verständnis aufbringen und eine amtliche Untersuchung des Falles einleiten würde, war allerdings nicht vorauszusehen gewesen36. Erst recht mußten nun Unzuträg- lichkeiten entstehen, wenn ein katholischer Priester in die evangelische Stadt selbst kommen mußte, um Kranken oder Sterbenden die Sakramente zu spenden. Trotz- dem ergab sich in Bayreuth daraus nie ein Konflikt37. In Ansbach aber war derglei- chen nicht selten. So wurde anfangs Juli 1703 der Pfarrer von Burgoberbach von kur- bayerischen Musketieren heimlich zu einem sterbenden Kameraden in das Ansbacher Lazarett geholt. Das war nicht unbemerkt geblieben und da man mit Recht annahm, daß der Pfarrer Sakramente gespendet hatte, wurde eine Untersu- chung angeordnet38. – Ähnliche Vorfälle hatten sich auch anderwärts im Lande er-
32 Auch Begräbnisse von Ansbacher Katholiken fanden dort statt. (Epitaph für den Kaufmann Johann Peter Corzoli aus Ansbach an der Martinskirche Herrieden).
33 Mag. Laurentius Ulrich, Kaplan des Komturs zu Virnsberg, berichtete an den Regens des Deutschor- denspriesterseminars zu Mergentheim 30. Mai 1683 vom Zustrom der in der Umgebung verstreut lebenden Katholiken. In der Osterzeit 1683 zählte er 800 Beichtende. Ebenso sein Nachfolger Johann Georg Lachner an den Regens in Mergentheim 16. April 1696 (PFA Sondernohe, Kaplanei Virnsberg).
34 Vgl. S. 11.
35 Clauß H., Augustanafeste und -festschriften früherer Zeiten vorwiegend im markgräflichen Fran-
ken in: ZBKG 5 (1930) 72 ff. Bei diesem AnlaSS wurden auch antikatholische Affekte wach, wie für
Worms belegt ist (vgl. Duhr IV/2, 177).
36 Hofrat an Bürgermeister und Rat 4. Juli 1730 (StAAn AM 760 f 125) befiehlt Vernehmungen der Mei-
ster, bei denen die Gesellen beschäftigt waren. Protokoll der Vernehmung; 7. Juli 1730, ebenda f. 129.
37 Den Glashüttener Schloßkaplänen wurde schon 1712 der freie Zutritt nach Bayreuth gestattet (vgl.
S. 28 f).
38 Hofrat an Bürgermeister und Rat 3. Juli 1703 (StAAn AM 760 f 72) Protokoll der Vernehmung der La-
zarettwärterin 4. Juli 1703, ebenda f 74.
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