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handwerkliches Leben, das mit seinen Verdienstmöglichkeiten auch Katholiken an- zog. Besonders nach der Deklaration des Markgrafen Christian von 1711, die die Ansiedelung von Katholiken ausdrücklich gestattete, ist eine stetige Zunahme ihrer Zahl festzustellen. Indes war der Rat der Neustadt den Katholiken wenig gewogen7, und nahm nur solche als Bürger auf, die für das Wirtschaftsleben der Stadt Gewinn zu bringen versprachen. Handwerker, namentlich Gold- und Silberdrahtzieher und Strumpfwirker, wurden trotz ihres Bekenntnisses gerne angenommen, besonders wenn sie vermögend waren8, Händler und Kaufleute wies man ab, um sich kei- ne Konkurrenz zu schaffen9. Eine Katholikenliste des Rates der Neustadt von 1723 zählt 18 katholische Bürger, davon 7 Hausbesitzer, und 28 Schutzverwandte, dar- unter waren 11 rein katholische Familien. 15 katholische Frauen waren mit evan- gelischen Bürgern oder Schutzverwandten verheiratet. Merkwürdigerweise finden sich auch 5 katholische Franzosen unter den Einwohnern der Hugenottenstadt. Ins- gesamt lebten also im Jahre 1723 72 Katholiken unter 738 lutherischen oder refor- mierten Einwohnern10. In Bayreuth lagen die Verhältnisse wohl etwas anders. Hier
7 So im Falle des Fuhrmanns Johann Wolfgang Rizer (Protokoll Neustadt 11. Februar 1718, StAEr 2 B 6 f 219 f). Seine Aufnahme wurde vom Wechsel der Religion abhängig gemacht, in der Liste von 1723 erscheint er aber als Katholik (vgl. Anm. 10, Protokoll Neustadt 1. April 1718, ebenda f 130).
8 So im Fall des Uhrmachers Georg Nikolaus Erg (Ehrich) aus Wien (Protokoll Neustadt 29. November 1712, StAEr 2 B 3 f 163). So auch der Tuchmacher Hans Georg Neumann aus Würzburg (Protokoll Neustadt 3. Januar 1722, ebenda 2 B 10 f 4 f); auch Johann Martin Kober aus Theisenort bei Goldkro- nach, der Vermögen besitzt und das Hutmacherhandwerk erlernen und zur Landesreligion übertre- ten will (Protokoll Neustadt, 19. Oktober 1722, ebenda f 107). Volckmar Brodwolf, dessen Frau‘ als Drahtzieherin arbeiten will, wird deswegen aufgenommen (Protokoll Neustadt 6. Mai 1718, ebenda 2 B 6 f 144), ebenso Wolfgang Matthias Catinat, weil er Drahtzieher ist (Protokoll Neustadt 1. April 1718, ebenda f 130).
9 Die Witwe Katharina Appold, die mit Spitzen handeln will, wird abgelehnt (Protokoll Neustadt 6. August 1715, StAEr 2 B 4 f 53 f); ebenso Christoph Löffler, der mit Obst und Tuch handeln wollte (Protokoll Neustadt 21. August 1716, ebenda 2 B 5 f 122); der Uhrmacher Franz Anton Gärtner aus Brünn wird abgelehnt, weil kein Bedarf für einen zweiten Uhrmacher vorhanden ist (Protokoll Neu- stadt 16. April 1723, ebenda 2 B 11 f 60 f).
10 Die katholischen Bürger und Schutzverwandten der Neustadt: nach dem Bürgerverzeichnis der Neu- stadt von 1723 (StAEr 2 B 24).
1. Letz Georg
2. Gruner Johann Georg
3. Strobel Andreas
4. Artner Joh. Jakob
5. Berthel Joh. Georg
6. Fränckel HannSS
7. Kolbmännin Elisabeth
8. Rieß Johann
9. Jungmann Simon
10. François Frederic
11. Knauer Johann
Fuhrmann Hb Büttner Hb Maurer
Sporer
Gürtler Hb Taglöhner Hb Wirtin Hb Schuhmacher Schuhmacher Strumpfwirker Strumpfwirker
1687 1700 1 700 1704 1704 1704 1705 1705 1706 1709 1709
P 61 P 36. P 97. P 1. P 7. P 30 P 57. P 89. P 52. I» 33 P 57.
(kath. Frau).
(kath. Frau).
(kath. Frau).
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