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3. K A p I t E L
EINwANDERUNG VON KAtHOLIKEN IN DIE ANSBAcH-BAyREUtHIScHEN LANDE
– GEGENmASSNAHmEN DER REGIERUNGEN –
In diese bisher rein protestantischen Territorien wanderten nun zögernd, aber doch stetig, Katholiken ein.
Im Gegensatz zu dem durch die Hugenottenverfolgungen Ludwigs XIV. ausgelö- sten Einströmen reformierter Flüchtlinge läßt sich jedoch die Zuwanderung von Ka- tholiken nicht auf bestimmte Ereignisse zurückführen. Immerhin waren die Zeit- umstände wohl dazu angetan, eine solche Entwicklung zu fördern, richtete sich doch in den Jahren des Aufbaus nach dem Dreißigjährigen Krieg der bewundernde Blick vieler Fürsten auf die blühende Barockkultur Italiens und Frankreichs, die sich unbehelligt durch kriegerische Wirren zu reifer Pracht hatte entfalten können. Da lag es nahe, Künstler und Kunsthandwerker dieser Länder auch in die eigenen Re- sidenzen zu rufen und mit ihrer Hilfe dem mehr denn je empfundenen territorialen Selbstbewußtsein den erwünschten repräsentativen Rahmen zu geben. Überhaupt begannen Handel und Gewerbe wieder aufzuleben und tüchtige Handwerker wa- ren allerorts gern gesehen.
In Ansbach freilich waren zwar schon im letzten Viertel des Reformationsjahr- hunderts italienische Musiker und Sänger im Dienst der Hofkapelle1 zu finden, doch waren sie nicht seßhaft geworden. Der erste katholische Bürger Ansbachs dürf- te darum der aus dem Mailändischen 1669 eingewanderte Kaminfeger Hans Peter Gürttel gewesen sein2. Am 9. Juli 1688 erhielt der aus der Deutschordenskommende Wolframseschenbach stammende Hans Müller das ansbachische Bürgerrecht, „ist aber nach dem Bürgereidschwur heimlich durchgegangen“3. – Für fast zwanzig Jah- re weist dann das Bürgerbuch keinen Zuzug von Katholiken mehr auf. Der näch- ste Eintrag stammt von 1702 und zählt drei Katholiken auf4, 1714 finden wir bereits 8 Bürger – davon 4 Hausbesitzer – und 9 Schutzverwandte des Rates. Mit Ausnah-
1 Schmidt G., Die Musik am Hofe der Markgrafen von Brandenburg-Ansbach, Kassel-Basel 1956, 22, 28, 30, 34.
2 Eintrag ins Bürgerbuch (StAAn AM 25 f 253). Seine Nachkommen Benedikt und Karl Gürttel werden 1709 und 1747 als Bürger eingetragen (ebenda f 348 und 476).
3 StAAn AM 31 f 7 Nr. 7; AM 25 f 298..
4 1. Andreas Kunz, des Flaschners Tochtermann, so Catholisch, will Bürger werden, aber die Religion
nicht ändern.
2. Andreas Schwab, auch Catholisch, beruhet uffn einkauf, alsdann er Bürger werden und zur Reli- gion sich bequemen will. (Er war Tambour und stammte aus Grünsfeld an der Tauber, ebenda f 60). 3. Johann Wendelberger, Altreuß ( = Flickschuster), ebenmäßig ( = gleichfalls) Catholisch, will Bür- ger werden, aber sich nicht zur Religion bequemen. Von Geppingen aus dem Württembergischen (StAAn AM 31 f 56‘).
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