Page 35 - Brandmüller_Kardinal_Reprint
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sche Erweckungszirkel zu gründen, brachen in Ansbach unter dem Widerstand der Geistlichkeit zusammen28. Auch August Hermann Francke selbst erzielte bei sei- nem Besuch in Ansbach keinen Erfolg, wiewohl man ihn in Ehren aufnahm29. Das gleiche Schicksal war einer Gruppe von Herrenhutern beschieden30. Anders verlief die Entwicklung in Bayreuth. Mit Johann Christoph Silchmüllers im Jahre 1727 er- folgter Berufung zum Hofprediger begann dort eine eifrige Erweckungsarbeit, die trotz der entgegengesetzten Bemühungen einzelner orthodoxer Geistlicher erfolg- reich voranschritt31. Damit hatte in Bayreuth eine dritte protestantische Richtung Eingang gefunden, da schon seit der Einwanderung von Hugenotten in das Fürsten- tum auch in Bayreuth eine reformierte Gemeinde bestand32. Da Toleranz keine Tu- gend des frühen 18. Jahrhunderts war, herrschte zwischen ihnen oft ein gespanntes und unfreundliches Verhältnis.
Noch erheblicher indes waren die Konflikte, die sich zwischen Lutheranern, Fran- zösisch-Reformierten und Deutsch-Reformierten in Erlangen ergaben33. Doch wuß- ten die Lutheraner, deren stärkste Stütze die Theologische Fakultät der Universität war, das Feld zu behaupten. Neue Auseinandersetzungen brachte schließlich um die Mitte des 18. Jahrhunderts das Eindringen aufklärerischer Ideen, die durch ein- zelne Professoren verbreitet wurden34. Bis aber nach den Gebildeten auch die ande- ren Schichten des Volkes sich die neuen Gedanken aneigneten, ging das Jahrhundert zu Ende. Frucht jener aufgeklärten Jahrzehnte war eine rege literarische Tätigkeit auf allen Gebieten des Wissens35.
All das berechtigt zu dem Urteil: „Immerhin sind die beiden fränkischen Mark- grafschaften unmittelbar vor dem Ende ihrer Selbständigkeit, wenige Dezennien vor ihrem dann noch erfolgten Übergang an Preußen 1791, hinsichtlich ihrer politi- schen Bedeutung, wie in bezug auf ihre Kulturleistung, auf einem derartig glanzvol- len Höhepunkt ihrer Geschichte angelangt, daß diese Epoche zugleich eines der fes- selndsten Kapitel ebenso der fränkischen Geschichte, wie überhaupt der deutschen Territorialgeschichte bildet“36.
28 Simon 461 ff.
29 Simon 478.
30 Simon 485.
31 Batteiger J., Zur Geschichte des Pietismus in Bayreuth in: BBKG 9 (1903/05) 153–189; Weiske K., Jo-
hann Christoph Silchmüllers Tagebuch in: AfO 29 (1925) 17–100.
32 Aign C, Wie die reformierte Gemeinde in Bayreuth entstand in: Bayreuther Land 4 (1930) 105–111.
33 Ebrard A., Christian Ernst von Brandenburg-Baireuth, Gütersloh 1885.
34 Simon 519.
35 Mayer A., Nachrichten von den Schriftstellern, die gegenwärtig in den Fürstentümern Ansbach und
Baireuth leben, Erlangen 1782; Vocke J. A., Geburts- und Totenalmanach Ansbachischer Gelehrten, Schriftsteller und Künstler, 2 Bde., Ansbach 1796; Fikenscher G. W. A., Gelehrtes Fürstentum Baireuth, 12 Bde Brandt 418., Nürnberg 1801–05.
36 Brandt 418.
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