Page 32 - Brandmüller_Kardinal_Reprint
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Sinn verdankte Erlangen eine begeisterte Pflege musischen Lebens, ihr kleiner Hof bildete den geistigen und gesellschaftlichen Mittelpunkt der Stadt8.
Am längsten von den Residenzen der beiden Fürstentümer beherbergte Ansbach eine markgräfliche Hofhaltung. Namentlich die lange Regierungszeit des letzten Markgrafen Christian Friedrich Carl Alexander (1757–1791) bedeutete für die Stadt eine Periode wirtschaftlichen und kulturellen Aufstiegs. Besonders seit der Verei- nigung der beiden brandenburgischen Territorien in der Hand Alexanders (1769) war Ansbach neben Würzburg und Bamberg der bedeutendste Ort im Fränkischen Kreis9. War Franken seit dem Ausgang des Mittelalters zur „Drehscheibe“ der Reichs- politik geworden, die von allem, was sich im Reich ereignete, in Bewegung gesetzt wurde, so wundert es nicht, daß auch der Zerfall des alten Reiches sich im Schicksal der fränkischen Staaten besonders deutlich widerspiegelte. Durch das Erlöschen der Bayreuther Linie mit dem Tode des Markgrafen Friedrich Christian (1769) fiel das Bayreuther Land wieder, wie schon zur Zeit Georg Friedrichs (1557–1603), an Ans- bach, so daß das Gewicht der brandenburgischen Macht etwa den ebenfalls verei- nigten Hochstiftern Bamberg und Würzburg die Waage hielt10. An einem weiteren Ausbau dieser Machtposition war Alexander aber nicht nur durch sein geringes In- teresse an großer Politik, sondern auch durch die Situation des Reiches gehindert. Das Wissen, aus eigener Kraft dem Andringen der Ideen und Armeen der französi- schen Revolution keinen Widerstand bieten zu können, verband sich mit dem Ge- danken, daß infolge seiner Kinderlosigkeit eines Tages doch Preußen die Erbfolge in Ansbach-Bayreuth antreten würde. Dazu kam der von seiner zweiten Gemah- lin Lady Craven eifrig genährte Wunsch nach einem sorgenfreien Lebensabend in England. Darum beschloß Alexander zugunsten Preußens abzudanken, und sich auf die englischen Besitzungen seiner Gemahlin zurückzuziehen11. Karl August von Hardenberg verwaltete fortan das Land als preußischer dirigierender Minister12. Al- lein auch Preußen unterlag dem von Alexander befürchteten Schicksal und mußte im Verlauf der Napoleonischen Kriege seinen fränkischen Besitz am 15. Dezember 1805 an Frankreich abtreten. Am gleichen Tage, an dem man in London die Trau- erfeier für den am 5. Januar 1806 verstorbenen Markgrafen hielt, rückte Napoleons Marschall Bernadotte in Ansbach ein, um das Land für das eben geschaffene König- reich Bayern in Besitz zu nehmen13. Wenig später, am 15. März 1806, wurde Ans-
8 Reichold H., Sophie Caroline Marie von Bayreuth, 1737–1817 in: HVM 76 (1957) 167 ff.
9 Fischer J. B., Geschichte und ausführliche Beschreibung der markgräflich Brandenburgischen Haupt-
und Residenzstadt Ansbach, Ansbach 1786.
10 Scholl P., Tabellarischer Grundriß der Geschichte der Markgrafen von Ansbach und Bayreuth, Fürth
1871.
11 Schuhmann, Alexander 32 f.
12 Vgl. S. 151 f.
13 Schuhmann, Alexander 7.
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