Page 31 - Brandmüller_Kardinal_Reprint
P. 31

Lande seine Geschlossenheit. Dazu kam, daß auf staatsrechtlichem Gebiete in vie- len Fällen Landeshoheit, Fraisch- und vogteiliche Gerichtsbarkeit und andere Ge- rechtsame nicht nur strittig waren, sondern sich gegenseitig überlagerten, was man durch den Satz „in Franconia datur territorium in territorio“ auszudrücken pflegte. Ein territorium clausum gab es in Franken, auch in den beiden Fürstentümern Ans- bach und Bayreuth, nicht3.
Infolgedessen war es auch kaum möglich, feste Landesgrenzen zu ziehen und die Größe der Territorien eindeutig zu bestimmen. Als 1792 die Länder an Preußen fie- len, gab Hardenberg die Fläche der beiden Fürstentümer mit 1153⁄4 Quadratmeilen = 6500 Quadratkilometer, und die Bevölkerungszahl von Ansbach mit 132 123 un- mittelbaren und 60 000 mittelbaren, von Bayreuth mit 137 919 unmittelbaren und 25 000 mittelbaren Untertanen an4.
Die Sammelpunkte des politischen, kulturellen und religiösen Lebens – zugleich auch Schauplatz des darzustellenden Wiedererstehens katholischer Gemeinden – waren die Residenzen der beiden Fürstentümer. Die älteste Residenz des Bay- reuther Landes war Kulmbach mit seiner Plassenburg. In ihren Mauern, die noch Napoleon Widerstand boten, lebten die Herren des Oberlandes, bis sie gegen Ende des Dreißigjährigen Krieges den Regierungssitz endgültig in das unbefestigte Bay- reuth verlegen konnten. Die Plassenburg blieb Landesfestung5.
Unter den tatkräftigen Landesherren des 18. Jahrhunderts nahm nun Bayreuth neuen Aufschwung. Erheblicher Anstieg der Bevölkerungszahl, Belebung von Han- del und Gewerbe und fürstliche Baufreude führten die Stadt ihrem Höhepunkt ent- gegen, den sie unter Markgraf Friedrich (1735–1763), dem Schwager Friedrichs II. von Preußen, erleben sollte. Der lebensfrohe, prachtliebende Fürst gestaltete seine Residenz zu einer anziehenden Stätte höfischer Kultur des Rokoko6. Die Blütezeit hatte aber ein frühes Ende, als nach dem Anfall des Landes an Ansbach der Hof in Bayreuth aufgelöst wurde.
Ganz anderen Charakter hatte Erlangen. Ursprünglich ein kleiner unbeachteter Ort, gewann es an Bedeutung, als 1686 Züge hugenottischer Flüchtlinge dort ange- siedelt wurden und neben der „Altstadt“ die „Neustadt“ Christian-Erlang entstand. Zu beiden getrennt verwalteten Gemeinwesen kam 1743 die von Friedrich gegrün- dete Universität als drittes hinzu. Die Wahl zur Nebenresidenz hatte den Bau eines Schlosses und anderer höfischer Bauten im Gefolge7. Vor allem aber bot die Stadt Sophie Caroline Marie, der zweiten Gemahlin des Markgrafen Friedrich, für ihre langen Witwenjahre (1769–1817) Heimat. Ihrem für alles Gute und Schöne offenen
3 Hofmann M., Cuius regio? in: JFL 11/12 (1953) 345–355.
4 Hartung 10.
5 Vgl. Meyer CA., Quellen zur Geschichte der Stadt Kulmbach und der Plassenburg, München 1895.
6 Hartmann 139 ff.
7 Bischoff J., Die Entwicklung Erlangens im Überblick in: JFL 11/12 (1953) 243 ff.
8


































































































   29   30   31   32   33