Page 9 - Mitteilungen-Geschichtsverein Erfurt Heft 22
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sophie und promovierte 1515 zum Baccalaureus biblicus. Nach Erfurt zurück- versetzt, setzte er sein Studium fort, wurde 1516 Prior des Erfurter Augustine- reremitenklosters und 1518 Distriktsvikar. 1519 promovierte er zum Doktor der Theologie und erhielt den neuerrichteten Lehrstuhl für Griechisch an der Artis- tenfakultät. Er engagierte sich für eine humanistische Universitätsreform und vermittelte die reformatorischen Konzepte in die Universität. Nicht nur als Bil- dungsreformer, sondern auch als Übersetzer gingen wichtige Impulse von ihm aus. 1521 erschien seine Übersetzung des Matthäusevangeliums aus dem Urtext.
1522 trat Lang aus dem Kloster aus und leitete fortan die Neuordnung des Kirchenwesens in Erfurt. Er bildete den Mittelpunkt des 1523 formier- ten Collegium Ministrorum, dem festen Kreis der evangelischen Prediger der Stadt und legte 1525 eine neue Kirchen- und Gottesdienstordnung vor. 1524 heiratete er die Witwe des Gerbermeisters und Vierherrn Heinrich Mattern, dessen Anwesen Zum Steinbock (Michaelisstraße 29) er bis zu seinem Tode bewohnte. Diese Heirat verschärfte die Auseinandersetzungen mit den Alt- gläubigen. Seinem Predigtamt kam er in mehreren Erfurter Kirchen nach, dar- unter der Dom, die Augustinerkirche und die Michaeliskirche. Seit 1528 führte er als leitender Geistlicher im Erfurter Staate den Titel eines Superattendenten. Im selben Jahr heiratete Lang ein zweites Mal. Aus dieser Ehe gingen drei Kin- der hervor. Ab 1530 war er Ratsprediger an der Predigerkirche.
Er entfaltete aber auch eine über Erfurt ausgreifende reformatorische Tätigkeit. 1533 wurde in der Schwarzburgischen Oberherrschaft die Refor- mation eingeführt. Lang war Leiter der Visitationskommission und blieb weiterhin führender kirchlicher Berater des Grafen. Außerdem war Lang bei entscheidenden Ereignissen der deutschen Reformationsgeschichte zugegen, wie zum Beispiel der Heidelberger Disputation 1518, der Leipziger Disputa- tion 1519 oder der Unterzeichnung der Schmalkaldischen Artikel 1537. Bis zu seinem Tod 1548 blieb er das Oberhaupt der evangelischen Prediger der Stadt und gilt zu Recht als der „Reformator Erfurts“. Lang starb am 2. April 1548 und wurde in der Michaeliskirche beigesetzt. Er war seit 1525 Pfarrer dieser Kirche, hatte aber diesen Dienst durch einen Pfarrverweser ausüben lassen.
Der Grabstein Langs gilt seit dem 19. Jahrhundert als verschollen.2 Lage, Aussehen und Inschrift des Steins teilt Georg Quehl in seinem 1830 erschienen Buch über die Predigerkirche mit und bemängelt, dass der Stein nicht mehr auf- findbar sei. „Er ward [...] in der Michaelis-Kirche, nahe vor dem Altar, begra-
2 Jahr, Richard/Lorenz, Wilhelm: Die Erfurter Inschriften (bis zum Jahre 1550). In: MVGAE 36 (1915). Nr. 579.
Der „Reformator Erfurts“ nimmt Gestalt an
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