Page 38 - Mitteilungen-Geschichtsverein Erfurt Heft 22
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Karl Heinemeyer
sogar sicher“ sei, „daß sie dem Ratsarchiv nicht angehört haben“; ihr Inhalt betreffe aber „fast ausschließlich die Stadt und ihre Verhältnisse zu Bürger- schaft und Geistlichkeit, sodaß sie nur eine lokale Bedeutung haben und daher unbedenklich dem Stadtarchiv überlassen werden könnten“.47
In jedem Fall ist das „Grüne Buch“ vor dem März 1907 wieder nach Erfurt gelangt. Denn am 2. März 1907 sandte das Stadtarchiv mit anderen ehemals kurmainzischen Archivalien das hier verwahrte zweite „Grüne Buch“ – ein Kopiar des 15./16. Jahrhunderts mit gänzlich anderem Inhalt48 – nach Magdeburg. Dort erhielt es die durch die Abgabe des ersten „Grünen Buches“ nach Erfurt frei gewordene Signatur „Cop. Nr. 1378“.
Aus diesem Sachverhalt ergibt sich nun aber eine unerwartete Schwierig- keit. Denn Gerbing sagt im Jahre 1900 bei ihrem Abdruck der Geleitstafel, sie befinde „sich handschriftlich im ‚Grünen Buche‘ des Erfurter Archivs“, freilich ohne jede nähere Angabe.49 Doch enthält das damals im Stadtarchiv Erfurt allein vorhandene jüngere „Grüne Buch“ weder die Geleitstafel noch einen der anderen oben genannten Texte. Gerbings Druck beruht vielmehr eindeutig auf dem mindestens bis Oktober 1903 in Magdeburg befindlichen älteren „Grünen Buch“.50 Hinzu kommt, dass sie unter den von ihr benutz- ten Archiven das Staatsarchiv Magdeburg nicht aufführt.51 So bleibt nur zu vermuten, dass Gerbing entweder auf die Erfurter Provenienz ihrer Vorlage hinweisen wollte, ohne den derzeitigen Lagerungsort anzugeben, zumal man sich in Erfurt um die Rückführung bemühte, oder dass sie einem Irr- tum erlegen ist.
47 1900 März 5, Schreiben des Magistrats an das Staatsarchiv Magdeburg: LHASA Magdeburg, C 22 Nr. 103 Bl. 18r–19r (Zitat Bl. 18r/v), mit umfangreichem Ver- zeichnis der erbetenen Archivalien, Bl. 113r–136r. Dass das Verzeichnis, das sich in dem Aktenband erst rd. 100 Bll. später findet, die Anlage dieses Schreibens war, ergibt sich aus den Registraturvermerken auf Bl. 18r und Bl. 113r: jeweils Erfurt „J.-Nr. 311“ und Magdeburg „J.-Nr. 217“ sowie aus dem Entwurf des Schreibens, von Beyer abgezeichnet: StadtA Erfurt, 1-2/054-35 Bl. 18r, und des Verzeichnisses, datiert 10. Februar 1900: ebd. Bl. 19r–33r.
48 Vgl. K. Heinemeyer: Erfurter „Grüne Bücher“ (wie Anm. 8).
49 Gerbing: Erfurter Handel (wie Anm. 4). S. 128.
50 Das beweisen charakteristische Versehen, z.B. gibt sie die in der Vorlage auf den
ersten Blick als ein Wort erscheinende Zusammenrückung solden genau in die-
ser Form wieder; vgl. GT 1 Z. 4.
51 Gerbing: Erfurter Handel (wie Anm. 4). S. 97 Anm. *: Gotha, Weimar und das
Erfurter Stadtarchiv.
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