Page 37 - Mitteilungen-Geschichtsverein Erfurt Heft 22
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Zum Erfurter Geleit in Mittelalter und früher Neuzeit
und schlichter gestaltet.43 Doch bevor ihr Urheber und ihre Entstehung behandelt werden, sind noch die Herkunft des „Grünen Buches“, sein wei- teres Schicksal und die jüngere Überlieferung kurz zu erörtern.44 Weil das Kopiar heute zu den Beständen des Erfurter Stadtarchivs gehört, liegt die Annahme nahe, dass es auch in der städtischen Verwaltung entstanden ist. Jedoch hat sich ergeben, dass es im Jahre 1320 wie das spätere „Bibra-Büch- lein“ in der erzbischöflichen Verwaltung im Mainzer Hof angelegt wurde.45 Dem widerspricht nicht der Eintrag der landgräflichen Geleitstafel. Denn durch sie gewann die Verwaltung des Erfurter Stadtherrn einen umfassen- den Überblick nicht nur über die eigenen Rechte und Einkünfte, sondern auch die des benachbarten Landesherrn in ihrer Stadt und zugleich über die Abgabenbelastung der Bürger und Fremden.
Nachdem schon seit dem späteren 17. Jahrhundert Teile der kurmainzi- schen und der städtischen Archivalien vermischt worden waren,46 gelangte das „Grüne Buch“ im Zuge der großen Archiv-Umlagerungen des frühe- ren 19. Jahrhunderts in das 1824 gegründete Provinzialarchiv nach Mag- deburg, zu dessen Sprengel auch der preußische Regierungsbezirk Erfurt gehörte. Nach dem organisatorischen Neuanfang des Stadtarchivs Erfurt 1864/65 bemühte sich die Stadt intensiv um die Rückgabe ihrer Archivalien aus Magdeburg, die dann unter Alfred Overmann im Oktober 1903 begann; im Gegenzug sollten aus dem Stadtarchiv die Archivalien eindeutig kur- mainzischer Provenienz nach Magdeburg abgegeben werden. Im Zuge die- ses großen Archivalien-Austauschs gelangte auch das „Grüne Buch“ wahr- scheinlich schon 1903/04 wieder nach Erfurt und nun in das Stadtarchiv. Es wurde offensichtlich unter jene Archivalien gerechnet, von denen im Jahre 1900 Carl Beyer dem Staatsarchiv Magdeburg erklärt hatte, dass „es
43 Vgl. weiterhin unten S. 41 f.
44 Vgl. auch zum Folgenden ausführlich K. Heinemeyer: Erfurter „Grüne Bücher“
(wie Anm. 8).
45 Dem entspricht, dass Schmidt, Aloys: Die Kanzlei der Stadt Erfurt bis zum Jahre
1500. In: MVGAE 40/41 (1921). S. 1–88 das „Grüne Buch“ und ebenso das
„Bibra-Büchlein“ nicht unter den Erzeugnisses der städtischen Kanzlei aufführt.
46 Vgl. Wiegand, Fritz (Bearb.): Das Stadtarchiv Erfurt und seine Bestände (Bestandsübersichten der Stadtarchive der Deutschen Demokratischen Repu- blik. 1: Erfurt) [Berlin] 21962. S. 76–80; Benl, Rudolf: Die Geschichte der Archive der Stadt und des Stadtarchivs Erfurt. In: Das Stadtarchiv Erfurt. Seine Geschichte, seine Bestände. Hg. von dems. Erfurt 2008. S. 89–143, hier S. 103–
134 sowie jetzt K. Heinemeyer: Erfurter „Grüne Bücher“ (wie Anm. 8).
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