Page 12 - 14-0491_Cygnus_Antike_Klassiker-3_Inhalt_1.indd
P. 12

HUANG DI NEI JING LING SHU
zur Tang-Dynastie im 7. Jahrhundert.6 Da herrschte eine ganz andere, von nie gekannter kultureller und weltanschaulicher Vielfalt geprägte Atmosphäre. Dennoch wurde auch das Tai su offenbar nicht für wich- tig genug erachtet. Die Zahl von Kopien war zu gering, um das Werk in China selbst vor dem Verlust zu bewahren.
Wenige Autoren nahmen in den Jahrhunderten nach der Han-Zeit die Anregungen der Revolutionäre auf. Der bekannteste ist der bereits er- wähnte Huangfu Mi 皇甫謐, der Verfasser des Jia yi jing 甲乙經 aus dem 3. Jahrhundert. Inwieweit das Jia yi jing und andere Texte, die in China durchgängig überliefert wurden, die Inhalte von Su wen und Ling shu in einer Weise wiedergaben, die den „anstößigen“ Charakter der Quellentexte vermissen lies, bleibt noch zu erforschen. Erst im Kon- text einer von Grund auf gewandelten weltanschaulichen Stimmung ab dem 12., 13. Jahrhundert fand das ein Jahrtausend lange Schatten- dasein der Quellentexte ein Ende. Auf kaiserliches Geheiß wurden die wichtigsten noch überlieferten Manuskripte redigiert und einer weiten Öffentlichkeit zugänglich gemacht. Lin Yi 林億, einer der Mitarbeiter an diesem Editions-Projekt und Herausgeber einer Su wen-Ausgabe im Jahre 1067,zitierte aus einem verlorenen Ling shu-Text und merkte in seinem Vorwort an: „Das Ling shu ist heute nicht mehr vollständig erhalten.“ Die von Lin Yi zitierten Passagen stimmen zudem mit dem heute verfügbaren Ling shu-Text nicht überein. Im Jahre 1091 über- sandte die chinesische Regierung einen Katalog mit solchen Büchern nach Korea, die in China nicht mehr vollständig erhalten waren. In die- sem Katalog war ein Huang Di zhen jing 黄帝針經, „Nadelklassiker des Huang Di“, in 9 Kapiteln genannt. Im Jahr darauf, 1092 übersandte Ko- rea einen Text dieses Titels nach China.7 Er wurde im Jahre 1093 im Rahmen des staatlichen Editions-Projekts antiker medizinischer Tex-
6 Sivin, Nathan: „On the Dates of Yang Shang-shan and the Huang ti nei ching t’ai su.“ In Chinese Science (1998) 15, 29-36. Qian Chaochen 钱超尘: „Taisu zhuan- zhu juti shijian xinzheng“ 《太素》撰著具体时间新证 [New evidence on the concre- te date of the writing of the Taisu]. In Zhongyi wenxian zazhi 中医文献杂志 (2006), No. 4.
7 Okanishi Tameto 岡席為人: Song yi qian yi ji kao 宋以前醫籍考, [Untersuchung medizinischer Literatur bis einschließlich der Song Zeit], Taipei: Ku T’ing Book House, 1969, 35. Makoto MAYANAGI 真柳诚: „Reisu no Rekishi 『霊枢』の歴史 (1) [History of the Ling shu (1)] In Kampo no Rinsho 漢方の臨床, [Journal of Kampo Medicine] (2012), 2223-2244. Reisu no Rekishi 『霊枢』の歴史 (2) [History of the Ling shu (2)]. In Kampo no Rinsho 漢方の臨床 [Journal of Kampo Medicine], 189- 194. Reisu no Rekishi 『霊枢』の歴史 (3) [History of the Ling shu (3)], In Kampo no Rinsho 漢方の臨床 [Journal of Kampo Medicine] (2013), 377-387. Reisu no Rekishi
X


































































































   10   11   12   13   14