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HUANG DI NEI JING LING SHU – KAPITEL 3
睹其色,察其目,知其散復,
一其形,聽其動靜者,
言上工知相五色於目。
有知調尺寸小大緩急滑澀以言所病也。
„Diejenigen, die die Färbung [des Patienten] betrachten, seine Augen anschauen und die darüber Bescheid wissen, ob sich [die Qi] zerstreut oder wieder erholt haben,
sie nehmen die gesamte körperliche Erscheinung wahr14 und hören, wo sich etwas bewegt und wo Stille ist,“15
das heißt: Der herausragende Praktiker weiß um die Erscheinung der Fünf Färbungen in den Augen.
Er ist fähig, in den Fuß- und Zoll-langen [Bereichen am Unterarm] zu untersuchen, ob [die Bewegung in den Gefäßen] verringert oder ver- stärkt, entspannt oder angespannt, glatt oder rau ist und daraus eine Aussage über den Ort der Krankheit abzuleiten.16
知其邪正者, 知論虛邪與正邪之風17也。
„Er weiß, ob es sich um üble oder rechte [Qi] handelt“,
[das heißt:] Er weiß, ob es sich bei Wind [im Körper] um ein Leere-Übel oder um ein rechtmäßiges Übel handelt.18
14 HDNJZP: „一其形 yi qi xing hat die Bedeutung: „sich voll und ganz auf die körper- liche Erscheinung des Patienten konzentrieren.“
15 Vgl. Kapitel 19.
16 HBYXY: „Mit diesem Absatz stimmt etwas nicht. Das Kapitel 3 erläutert ansonsten
die Inhalte von Kapitel 1 immer Satz für Satz oder auch einmal mit zwei oder drei Sätze. Hier aber sind 5 Sätze zusammengefasst und der Text ist sehr merkwürdig. Außerdem folgen die Erklärungen in Kapitel 3 ansonsten stets der Reihenfolge der Sätze in Kapitel 1. ... Vielleicht handelt es sich um eine fehlerhafte Übertragung aus Kapitel 19.“
17 SDY: „Vermutlich ist das Schriftzeichen 風 feng, ‚Wind‘, ein Fehler. Stattdessen soll- te hier das Schriftzeichen 分 fen, ‚trennen‘, stehen.“ Die Passage 知論虛邪與正邪之 分也 würde dann in Übersetzung lauten: „Er weiß, die Leere-Übel von den regulä- ren Übel zu trennen.“
18 NJZYXY: „Die 虛邪 xu xie, ‚Leere-Übel[-Qi], und die 正邪 zheng xie, ‚regulären Übel[-Qi]‘, sind allesamt Qi, die im Menschen eine Krankheit hervorrufen können. Die Menschen im Altertum glaubten, dass ein Übermaß an jahreszeitlichen klima- tischen Qi einen ‚Fülle-Wind‘ darstelle, und sie bezeichneten das als ein ‚reguläres Übel‘ (PUU: im Sinne von: üble Qi wegen Überfülle an jahreszeitlich regulären Qi). Jahreszeitlich nicht passende klimatische Qi bezeichneten sie als 賊風 zei feng, ‚Räu-
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