Page 27 - StadtAN Ausstellungskatalog Der Erste Weltkrieg
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Front zeigte, war auch er nicht blind für Schä- den und Gefahren, die sich nach dem Abklin- gen der anfänglichen Begeisterung zeigten: Als besondere Feinde treten im Stellungs- kriege auf der Alkohol, Unkeuschheit, Streit- sucht und liebloses Kritisieren, Diebstahl, Ungehorsam, Materialismus, Versinken in Gleichgültigkeit und Stumpfsinn, unter den Offizieren treten besonders auf Alkoholmiss- brauch, Lüsternheit und unsoziales Verhalten gegen die Mannschaften. (Seite 10) Zu seinen Aufgaben gehörte auch die Beerdigung der an der Front Gefallenen. Er gab zu, dass dies für ihn auf die Dauer schwierig war, da er wegen der Ähnlichkeit der Schicksale oft um die richtigen Worte verlegen war.
Wilhelm Stählin7
Wilhelm Stählin (1883–1975) war seit 1910 Verweser und dann Pfarrer in Egloffstein. Aus seinem Dienst im Krieg heraus wurde er 1917 zum Pfarrer in Nürnberg-St. Lorenz berufen. 1926 ging er als Professor für Prak- tische Theologie nach Münster. Kurz vor Ende des Zweiten Weltkriegs stieg er dann zum Bischof in Oldenburg auf. Als solcher amtierte er bis zu seinem Ruhestand 1952. Wie die meisten seiner Amtskollegen hatte auch Stählin sich freiwillig als überetatmä- ßiger Feldgeistlicher gemeldet. Er begann seine Tätigkeit in der 6. Bayerischen Reser- vedivision im November 1914. Bereits nach wenigen Wochen merkte er, dass er den psychischen Belastungen, die der Dienst in Frontnähe mit sich brachte, nicht gewach- sen war. Daher bat er im März 1915 um Ver- setzung in die Etappe. Diese wurde ihm gewährt. Im Juli ging er an die Ostfront zur 6. Armee, wo der Dienst generell leich- ter war als im Stellungskrieg des Westens. Seine Aufgabe bestand dort in der Abhal- tung von Gottesdiensten und in der seel- sorgerlichen Betreuung für Fronttruppen
und Lazarettinsassen. Als sehr aufwändig erwies sich auch die Bewirtschaftung eines Soldatenheims, die er von einem Major der Heilsarmee übernommen hatte. Dort erhiel- ten bis zu 2.000 Soldaten pro Tag kosten-
Wilhelm Stählin: Wer sein Leben verliert – Kriegspre- digt, Nürnberg 1914, Titel- blatt. (StBN Nor.4752.8°)
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