Page 16 - StadtAN Ausstellungskatalog Der Erste Weltkrieg
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Die Städtische Bauschule in der Lorenzer Straße 30 in Nürnberg, Postkarte (nach Bleistiftzeichnung), 1920. (StadtAN A 34 Nr. 3124)
ten. In deutlich geringerem Umfang wurden die Aktionen auch noch einige Jahre nach
dem Krieg fortgesetzt.
Mit dem nahenden Ende des Kriegs ent- spannte sich die Lage der Schulen, zum Bei- spiel weil für militärische Zwecke belegte Räumlichkeiten wieder frei wurden oder weil Lehrer von der Front zurück kamen. Aber es zeichneten sich für die Schulen neue Heraus- forderungen ab. Hierzu gehörten unter ande- rem die Schüler, die wegen des Kriegsdiensts ihre Schulausbildung nicht hatten vollenden können. Aus diesem Grund richtete schon im Sommer 1918 die Bauschule Nürnberg einen speziellen Kurs ein, in dem besonders Kriegs- versehrte berücksichtigt wurden.57
Im Gymnasium Fridericianum Erlangen wur- den noch bis 1920 Kriegsreifeprüfungen abgehalten. Dabei wurden nach schweren Ver- wundungen Vergünstigungen gewährt. Auch Frauen, die in der freiwilligen Kriegskran- kenpflege tätig gewesen waren, durften teil- nehmen.58 Schlosser und Mechaniker sowie Flaschner und Installateure, die ihre Berufs- schulpflicht bereits erfüllt hatten, konnten in Schwabach im Winter 1918/19 Lücken in
ihrem theoretischen Wissen auffüllen.59 Auch das Humanistische Gymnasium in Fürth bot in einer Sonderklasse 19 Schülern die Nach- qualifikation an.60
Wie diese Beispiele zeigen, wurden die Schu- len mit Kriegsende zum Reparaturbetrieb für die Folgen dessen, was der Staat von seiner Jugend an Opfern abverlangt hatte. Die Mittel dazu unterschieden sich im Prinzip nicht von denen aus der Zeit vor dem Krieg, wie eine Kultusministerialentschließung von Ende November 1918 erahnen lässt: Da der alsbal- digen Herstellung und Einführung neuer, den Zeitverhältnissen Rechnung tragender Schul- bücher technische Schwierigkeiten und die Knappheit der Papierbestände entgegenste- hen, erwartet die Unterrichtsverwaltung vom gesamten Lehrpersonale, daß die Fortbenüt- zung der in Gebrauch befindlichen Schulbü- cher, insbesondere der Lesebücher und der Lehrbücher in Geschichte mit dem gebotenen Takte geschieht.61 Weiterhin wurde den Schu- len also undifferenziert eine staatstragende Rolle abverlangt, auch wenn sich die politi- schen Konstellationen grundlegend geändert
hatten.
Anmerkungen
1 Ministerialentschließung, Bestimmungen über die Volksschulen und das Volksschullehrperso- nal betreffend, v. 5.8.1914 (Ministerialblatt für Kirchen- und Schulangelegenheiten im König- reich Bayern 1914, S. 502–504).
2 Ministerialentschließung, Krieg und Schule betreffend, v. 9.10.1914 (Ministerialblatt für Kir- chen- und Schulangelegenheiten im Königreich Bayern 1914, S. 623–625).
3 Es ist nicht Ziel dieses Beitrags, näher auf Unterrichtsinhalte einzugehen. V. a. ist es beab- sichtigt, die Rahmenbedingungen und deren Veränderungen im Lauf des Kriegs aufzuzei- gen, unter denen Unterricht stattfinden mus- ste. Zur Situation der Schulen vor dem Ersten
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