Page 15 - StadtAN Ausstellungskatalog Der Erste Weltkrieg
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Zwar liegen kaum weitere Zeugnisse über den Gesundheitszustand der Schülerinnen und Schüler im dritten und vierten Kriegs- jahr vor, man wird jedoch allein ernährungs- bedingt von weiteren Verschlechterungen ausgehen müssen. Anfang Februar 1917 kam deshalb der Gedanke auf, wegen der besse- ren Ernährungslage dort, Kinder auf dem Land unterzubringen. Schnell wurde ein Ausschuss aus namhaften Politikern, Ver- waltungsleuten, Geistlichen, Vertretern von Wohlfahrtsorganisationen, Lehrern und Ver- tretern der Landwirtschaft gebildet, der die Modalitäten festlegte. Unter anderem sollten bedürftige werktagsschulpflichtige Kinder berücksichtigt werden, jedoch keine Fürsor- gepfleglinge oder Schulschwänzer, die Unter- bringung sollte kostenfrei sein und vor allem der Ernährung dienen, wobei eine Mitarbeit in der Landwirtschaft nicht ausgeschlossen wurde. Die Anmeldung und die Transporte wurden über die Innere Mission (Diakonie) und die Caritas abgewickelt. Selbst an die polizeiliche Ummeldung während der sechs Wochen oder drei Monate dauernden Aufent- halte wurde gedacht. Bereits bis zum 13. Feb- ruar 1917 wurden rund 11.000 Anträge über die Schulen ausgegeben.
Für die Schulen ergaben sich dabei erneut mancherlei Schwierigkeiten, denn nun fehlten in größerem Umfang Schüler, und es muss- ten erneut Klassen zusammengelegt werden. Die Lehrerschaft war damit nicht wesent- lich entlastet, denn es wurden nun zahlreiche Lehrer aus den Städten auf dem Land benö- tigt. Außerdem liefen, vermutlich wegen der Erntearbeiten, die Schuljahre in den Städ- ten und auf dem Land etwas zeitversetzt. Dennoch kamen bis zum 1. November 1917 knapp 16.000 Kinder in den Genuss eines Landaufenthalts, davon 13.842 aus Nürnberg, einige wenige aus Erlangen und Schwabach und 1.249 Kinder aus Fürth, für die 112.730 Verpflegungstage aufgebracht wurden. Dies bedeutet, dass die meisten der Fürther Kin-
Aufruf zur Auf- nahme von Stadt- kindern auf dem Land, Plakat, ver- mutlich 1917. (StadtAE Fach 94/99)
der drei Monate blieben.54 Dabei mag erstau- nen, wie zügig die Organisation anlief, denn schon im März 1917 hatte man rund 3.000 Kinder untergebracht.55 Nachdem die Aktion trotz kleinerer Probleme sehr erfolgreich ver- laufen war, begann 1918 die Verschickung von Kindern erneut. Und obwohl sich mitt- lerweile auch auf dem Land die Ernährungs- lage deutlich verschlechtert hatte, fanden sich wieder genügend Familien, so dass wiederum etwa 16.000 Kinder davon profitieren konn-
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